Brandenburg: Organstreit zu Corona-Untersuchungsausschuss überwiegend unzulässig

Der Untersuchungsausschuss (UA 7/1) zur Krisenpolitik der brandenburgischen Landesregierung im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und der Erkrankung COVID-19 hatte fünf Beweisanträge von drei Ausschussmitgliedern, die der AfD angehören, abgelehnt. In einem Organsteitverfahren vor dem Landesverfassungsgericht hatte nur ein Antrag gegen die Ablehnung eines Gutachters Erfolg.

Streit um Ablehnung eines von AfD-Mitgliedern vorgeschlagenen Gutachters

Der Untersuchungsausschuss hatte mit seiner Mehrheit fünf Beweisanträge der drei Mitglieder sowie einen Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen einen Sachverständigen abgelehnt. Mit dem Organstreitverfahren haben die drei Mitglieder des Ausschusses sowie die AfD-Fraktion eine Verletzung der der qualifizierten Minderheit des Ausschusses zustehenden Rechte geltend gemacht. Im Juli 2022 hatte das Landesverfassungsgericht den Antragstellern vorläufigen Rechtsschutz gewährt. Nunmehr stellten die Richter in der Hauptsache fest, dass der Untersuchungsausschuss (UA 7/1) die Rechte seiner drei Mitglieder aus Art. 72 Abs. 3 Satz 2 BbgVerf verletzt habe, indem er den Antrag auf Einholung eines Gutachtens von einem von den drei AfD-Mitgliedern benannten Sachverständigen abgelehnt habe. Denn die Mehrheitsentscheidung des UA 7/1, wonach der Benannte zur Erstellung des Gutachtens nicht geeignet sei, sei nicht ausreichend begründet worden. 

Keine ausreichende Begründung für Ablehnung

Das LVerfG wies darauf hin, dass die Landesverfassung den drei Mitgliedern, die mit 1/5 der Mitglieder des besagten Untersuchungsausschusses eine sogenannte qualifizierte Minderheit bilden, grundsätzlich einen Anspruch auf Beweiserhebung (zumindest auch) durch einen von ihnen benannten Sachverständigen gebe. Die Ablehnung eines entsprechenden Antrags sei nur im Fall der Rechtsmissbräuchlichkeit oder der Ungeeignetheit des durch den Sachverständigen zu erstellenden Gutachtens möglich. Hierbei stehe dem Ausschuss insoweit zwar ein vom Verfassungsgericht nur begrenzt überprüfbarer Bewertungsspielraum zu, er müsse seine Ablehnungsentscheidung aber hinreichend begründen und die Begründung könne auch nicht im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden. Da der als Sachverständiger Benannte aufgrund seiner beruflichen Laufbahn im konkreten Fall nicht von vornherein fachlich ungeeignet erscheine, hätte es der Inbezugnahme konkreter Tatsachen bedurft, um dessen Fachkunde in Abrede zu stellen. Entsprechendes gelte, soweit der Ausschuss meine, die beantragte Gutachtenerstellung könne aus Gründen, die in der Person des Sachverständigen liegen, zu keinem verwertbaren Beweisergebnis führen.

Übrige Anträge als unzulässig verworfen

Die übrigen Anträge im Organstreitverfahren hat das Landesverfassungsgericht als unzulässig verworfen. Im Hinblick auf die Ablehnung des Antrags, ein medizinethisches Sachverständigengutachten unter anderem zu den Auswirkungen der Pandemie und der Krisenpolitik auf die Gesundheit der Bevölkerung durch die Vorsitzende des Europäischen Ethikrats einzuholen, hätten die Antragsteller eine Verletzung der der qualifizierten Minderheit zustehenden Rechte nicht hinreichend dargelegt. In Anbetracht des Umstandes, dass mit ihrer Zustimmung zu ethischen Fragen bereits ein Gutachten der Vorsitzenden des Deutschen Ethikrates eingeholt worden sei, sei nicht dargelegt, dass die Begründung des Untersuchungsausschusses, der seine Ablehnung hierauf gestützt hatte, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht fehlerhaft gewesen sein könnte. Soweit die Antragsteller die Rechte der qualifizierten Minderheit als verletzt ansehen, weil der Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen einen Sachverständigen abgelehnt wurde, der die Gutachtenerstellung aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt hatte, scheide laut Gericht eine Verletzung der Minderheitenrechte von vornherein aus. Denn weder der Untersuchungsausschuss noch dessen Vorsitzender seien selbst zur Festsetzung des Ordnungsgeldes berechtigt.

VerfG Bbg, Beschluss vom 20.01.2023 - 67/21

Redaktion beck-aktuell, Gitta Kharraz, 24. Januar 2023.