LSG Stuttgart: Keine Gehaltserhöhung für Vorstand einer Krankenkasse

Entscheidender Ausgangspunkt für die Bewertung einer "angemessenen“ Vergütung eines Vorstands einer gesetzlichen Krankenkasse ist ein Vergleich mit Vorstandsvergütungen anderer Krankenkassen mit jeweils vergleichbarer Größe. Die Größe wird in erster Linie anhand der jeweiligen Versichertenzahlen bestimmt. Mit dieser Begründung hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg in Stuttgart einem Krankenkassenvorstand eine Gehaltserhöhung versagt (Urteil vom 21.06.0217, Az.: L 5 KR 1700/16 KL).

Grundvergütung für Vorstand liegt bei rund 152.000 Euro

Die Klägerin ist eine Betriebskrankenkasse mit Sitz in Baden-Württemberg, deren Zuständigkeitsbereich sich auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt. Sie verfügte im Februar 2016 über 327.080 Versicherte und beschäftigte nach eigenen Angaben rund 800 Mitarbeiter. Damit zählt sie zu den 20 größten bundesweit geöffneten Krankenkassen. Der Vorstand erhält eine jährliche Grundvergütung von 152.600 Euro.

Bundesversicherungsamt stimmt Zusatzvertrag nicht zu

Ende 2015 legte die Krankenkasse dem Bundesversicherungsamt einen "Zusatzvertrag zum Dienstvertrag über zusätzliche Vergütungsbestandteile“ ihres Vorstands zur Genehmigung vor. Über die Grundvergütung hinaus waren unter anderem vorgesehen: ein Zusatzfixum im Dezember (2.400 Euro), eine variable Zusatzvergütung bis maximal 31.000 Euro (Zielerreichungsprämie), ein Dienstwagen, Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge und eine Unfallversicherung. Zusammen mit der Grundvergütung summierte sich das Gehalt damit auf insgesamt 217.252 Euro. Zu hoch, befand das Bundesversicherungsamt und verweigerte die Zustimmung.

Klage vor dem LSG erfolglos

Die Klage der Krankenkasse gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesversicherungsamt, auf Erteilung der Zustimmung, für die das Landessozialgericht erstinstanzlich zuständig ist, blieb erfolglos. Die Krankenkasse hatte sich auf den Standpunkt gestellt, Verdienstmöglichkeiten in privaten Versichertengesellschaften und der Privatwirtschaft im Gesundheitswesen seien als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Dem folgten die Stuttgarter Richter nicht, gaben dem Bundesversicherungsamt Recht und entschieden, dass die vorgesehene Vergütung den zulässigen Rahmen deutlich überschreitet.

LSG: Privatwirtschaft als Maßstab für Vergütung nicht sachgerecht

Ein Vergleich mit Strukturen der Privatwirtschaft sei nicht sachgerecht, stellte das LSG klar. Das beitragsfinanzierte System der gesetzlichen Krankenversicherung beruhe nämlich auf dem Solidarprinzip und unterscheide sich damit fundamental von den Strukturen gewerblicher Wirtschaft. Anders als bei privatwirtschaftlichen Unternehmen sei der Erfolg der Krankenkassen nicht am wirtschaftlichen Gewinn zu messen, sondern daran, ob die gesetzlichen Aufgaben ordnungsgemäß unter sparsamer Verwendung der Beitragsgelder und Steuermittel erfüllt würden.

Vergütungen bei anderen Kassen für Vergleich heranzuziehen

Maßgeblich für die Bewertung einer "angemessenen“ Vergütung ist nach der Urteilsbegründung demnach ein Vergleich der Vorstandsvergütungen von Krankenkassen mit jeweils vergleichbarer Größe, das heißt in erster Linie solcher mit vergleichbaren Versichertenzahlen. Gesetzliche Krankenkassen mit einer der Klägerin vergleichbaren Größe hätten danach im Jahr 2015 im "Mittelmaß“ jährliche Vorstandsvergütungen in Höhe von 159.500 Euro gezahlt. Durch die zusätzlichen Vergütungsbestandteile im Zusatzvertrag werde dieses Maß mehr als deutlich überschritten.

Überschreitung unangemessen

Die Unangemessenheit der Überschreitung ergebe sich vorliegend aber nicht nur durch die deutliche Überschreitung des Mittelmaßes um 36%, sondern auch aus der Größe derjenigen Krankenkassen, die Vergütungen in vergleichbarer Höhe gewähren. Die Mitgliederzahlen dieser Krankenkassen lägen nämlich um über 50% oberhalb der Mitgliedszahlen der Klägerin.

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.06.2017 - L 5 KR 1700/16 KL

Redaktion beck-aktuell, 6. Juli 2017.

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