Ein Vater war für seinen 38-jährigen, aufgrund einer geistigen Behinderung beeinträchtigten Sohn als ehrenamtlicher Betreuer bestellt worden, unter anderem für den Bereich der Gesundheitsfürsorge. 2016 kam es zwischen den beiden in der gemeinsamen Wohnung zu einem Streit: Das Zimmer des Sohnes sollte durch einen Bausachverständigen begutachtet werden, weil es mit Schimmel befallen war. Damit der Gutachter sich die betroffenen Stellen anschauen könne, bat der Vater seinen Sohn, die Besichtigung zu dulden und vorher aufzuräumen. Der Sohn zog sich zunächst in sein Zimmer zurück. Wenig später schlug er wutentbrannt mit einem Hammer durch die Zimmertür. Als der Vater den Notruf wählte, um einen Notarzt und die Polizei zu rufen, stürzte sich der Sohn auf ihn und schlug ihm eine Vase auf den Kopf. Der Vater erlitt eine Platzwunde.
Die zuständige Unfallkasse weigerte sich, die Wunde als Folge eines Arbeitsunfalls anzuerkennen. Zwar falle der Vater als ehrenamtlicher Betreuer grundsätzlich unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Der Vorfall habe sich aber nicht bei einer versicherten Tätigkeit ereignet. Dass Eltern ihre Kinder anhalten, ihr Zimmer aufzuräumen, gehöre schließlich zum Familienalltag.
Die Klage des Betreuers hatte vor dem LSG Sachsen-Anhalt in zweiter Instanz Erfolg (Urteil vom 26.06.2024 – L 6 U 19/23, nicht rechtskräftig). Der Gefahr des Angriffs mit der Vase sei der Vater nicht nur deshalb ausgesetzt gewesen, weil er mit seinem Sohn in einem Haushalt gelebt habe, sondern auch, weil er den Notruf gewählt habe, um ärztliche Hilfe für seinen Sohn herbeizurufen. Das sei Teil seiner Tätigkeit als Betreuer im Bereich der Gesundheitsfürsorge gewesen. Die Betreuertätigkeit könne jedenfalls nach dem bis Ende 2022 geltenden Betreuungsrecht nicht auf die Vornahme von Rechtsgeschäften reduziert werden.