LSG Nord­rhein-West­fa­len: Wohn­grup­pen­zu­schlag für am­bu­lant be­treu­tes Woh­nen auch bei se­pa­rier­ter Wohn­ein­heit

Ein Pfle­ge­be­dürf­ti­ger, der in einem Haus für am­bu­lant be­treu­tes Woh­nen ein Zim­mer an­mie­tet, hat auch dann An­spruch auf Hil­fen für das Leben in am­bu­lant be­treu­ten Wohn­grup­pen, wenn sich das Zim­mer in einer an­de­ren Etage be­fin­det und über eine ei­ge­ne Küche sowie ein ei­ge­nes Bad ver­fügt. Dies gilt je­den­falls dann, wenn das Zu­sam­men­le­ben dem Zweck der ge­mein­schaft­lich or­ga­ni­sier­ten pfle­ge­ri­schen Ver­sor­gung dient. Das hat das Lan­des­so­zi­al­ge­richt Nord­rhein-West­fa­len in Essen mit Ur­teil vom 20.09.2018 ent­schie­den (Az.: L 5 P 97/17).

Pfle­ge­be­dürf­ti­ger zog in se­pa­ra­tes Zim­mer einer am­bu­lant be­treu­ten Wohn­grup­pe

Der Klä­ger – ein Pfle­ge­be­dürf­ti­ger mit Pfle­ge­stu­fe I – bezog Pfle­ge­hil­fe. Er mie­te­te in einem Haus für am­bu­lant be­treu­tes Woh­nen, das für ge­mein­schaft­li­ches Woh­nen ge­dacht ist, ein in der ers­ten Etage be­find­li­ches Zim­mer mit Ein­bau­kü­che und se­pa­ra­tem Ba­de­zim­mer an. Hier­für be­an­trag­te er Leis­tun­gen für Pfle­ge­be­dürf­ti­ge in am­bu­lant be­treu­ten Wohn­grup­pen im Sinne von § 38a SGB XI. Die Be­klag­te lehn­te den An­trag ab, da mit Blick auf den Um­stand, dass sich die an­de­ren Zim­mer in der Erd­ge­schos­se­ta­ge be­fin­den, keine ge­mein­sa­me Woh­nung vor­lie­ge. Die hier­ge­gen ge­rich­te­te Klage wies das So­zi­al­ge­richt ab. Der Klä­ger legte Be­ru­fung ein.

LSG: Klä­ger ste­hen Leis­tun­gen für Pfle­ge­be­dürf­ti­ge in am­bu­lant be­treu­ten Wohn­grup­pen zu

Das Lan­des­so­zi­al­ge­richt hat der Be­ru­fung des Klä­gers nun­mehr statt­ge­ge­ben und fest­ge­stellt, dass ihm zu­sätz­li­che Leis­tun­gen für Pfle­ge­be­dürf­ti­ge in am­bu­lant be­treu­ten Wohn­grup­pen zu­ste­hen. Es liege eine ge­mein­sa­me Woh­nung im Sinne von § 38a SGB XI vor. Bei der Etage der Ge­mein­schaft han­de­le es sich – im Ge­gen­satz zu den ein­zel­nen Zim­mern – um eine Woh­nung. Sie sei aus­rei­chend groß, ver­fü­ge über meh­re­re Räume, sei nach außen hin ab­ge­schlos­sen und habe einen selbst­stän­di­gen Zu­gang. Da so­wohl Küche als auch Wasch­kü­che und Sa­ni­tär­an­la­gen vor­han­den seien, könne ein selb­stän­di­ger Haus­halt ge­führt wer­den.

Etage des Klä­gers ge­hört zur ge­mein­sa­men Woh­nung

Die Etage bilde auch eine ge­mein­sa­me Woh­nung, da der Ge­mein­schafts­raum mit Küche, der ge­mein­schaft­li­che Flur nebst Schrän­ken, die Gäs­te­toi­let­te, der Haus­wirt­schafts­raum sowie der Bal­kon vor dem Ge­mein­schafts­raum je­der­zeit von allen Be­woh­nern ge­nutzt wer­den könn­ten. Der Cha­rak­ter einer ge­mein­sa­men Woh­nung werde nicht da­durch aus­ge­schlos­sen, dass die Be­woh­ner durch die Aus­stat­tung der Zim­mer mit je­weils ei­ge­nem Bad und ei­ge­ner Koch­ge­le­gen­heit in die Lage ver­setzt wür­den, weit­ge­hend selbst­stän­dig in ihren Zim­mern zu leben.

Woh­nen ist vor­lie­gend vom Zweck ge­mein­schaft­li­cher pfle­ge­ri­scher Ver­sor­gung ge­tra­gen

Die­ses Er­geb­nis stehe mit der Ab­sicht des Ge­setz­ge­bers, am­bu­lan­te Wohn­ge­mein­schaf­ten als sinn­vol­le Zwi­schen­form zwi­schen einer Pfle­ge in der häus­li­chen Um­ge­bung und in der voll­sta­tio­nä­ren Pfle­ge zu schaf­fen, im Ein­klang. Schlie­ß­lich habe das Zu­sam­men­le­ben dem Zweck der ge­mein­schaft­lich or­ga­ni­sier­ten pfle­ge­ri­schen Ver­sor­gung ge­dient.

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.09.2018 - L 5 P 97/17

Redaktion beck-aktuell, 3. Januar 2019.

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