LSG Nordrhein-Westfalen verneint Erstattung der Anwaltskosten in Streit um Verzinsung einer Nachzahlung nach SGB XII

Es besteht kein Anspruch auf Erstattung der entstandenen Kosten aus einem Widerspruchsverfahren gegen die unterlassene Verzinsung in einem Leistungsbescheid, wenn die Auslegung der Verwaltungsverlautbarung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles ergibt, dass darin keine Entscheidung zu den Zinsen getroffen wurde. Denn damit wurde gar kein anfechtbarer Verwaltungsakt erlassen. Dies hat das Landessozialgericht mit Urteil vom 17.06.2019 klargestellt (Az.: L 20 SO 479/17, BeckRS 2019, 16285). Gegen die Entscheidung ist allerdings Revision beim BSG eingelegt worden (dortiges Az.: B 8 SO 5/19 R).

Kläger geht bei Bescheid um vollständige Abhilfe im Widerspruchsverfahren aus

Nachdem der Kläger erfolgreich von dem beklagten SGB-XII-Träger die Übernahme seiner tatsächlichen Unterkunftskosten erstritten hatte, legte er gegen den Umsetzungsbescheid Widerspruch ein, weil der ausgewiesene Nachzahlungsbetrag nicht verzinst war. Hilfsweise beantragte er die Verzinsung nach § 44 SGB I. Später erließ der Beklagte einen Bescheid, mit dem er Zinsen auf den Nachzahlungsbetrag bewilligte. Der Kläger wies darauf hin, dass dieser Bescheid eine vollständige Abhilfe im Widerspruchsverfahren darstelle. Er beantragte daher, eine Kostenentscheidung zu treffen sowie über die Notwendigkeit der Hinzuziehung seines Bevollmächtigten zu entscheiden.

Widerspruch schon unzulässig

Wie schon der Beklagte und das Sozialgericht Dortmund hat das LSG einen Anspruch auf Erstattung der im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X verneint. Fehle es bereits an einer (konkludenten) Zinsentscheidung, sei der gegen die nur vermeintliche Ablehnungsentscheidung erhobene Widerspruch unzulässig. Damit sei er eben nicht erfolgreich gewesen, so dass eine Kostenerstattung ausscheide.

Keine konkludente Ablehnung des Verzinsungsanspruchs

Ob eine Entscheidung zu den Zinsen getroffen (und damit ein anfechtbarer Verwaltungsakt erlassen) worden sei, hänge allein von der Auslegung der Verwaltungsverlautbarung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles ab. Der Umsetzungsbescheid enthalte hier keine ausdrückliche Entscheidung über eine Verzinsung. Ihm könne auch ein entsprechender Erklärungsinhalt nicht durch Auslegung beigemessen werden. Ein verständiger, mit den Umständen des Falls vertrauter Empfänger, der insbesondere das tatsächliche Geschehen bis zum Erlass des Bescheides gekannt hätte, habe das Unterbleiben einer ausdrücklichen Zinsentscheidung nicht als konkludente Ablehnung des Verzinsungsanspruchs verstehen müssen.

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17.06.2019 - L 20 SO 479/17

Redaktion beck-aktuell, 26. September 2019.

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