Franchisenehmer einer Nachhilfeeinrichtung ist rentenversicherungspflichtig

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat die Rentenversicherungspflicht des Franchisenehmers einer Nachhilfeeinrichtung festgestellt. Der Ein-Mann-Franchisenehmer sei sozial schutzbedürftig und über die Versicherungspflicht vor Altersarmut zu bewahren. Hierfür sei nicht das vertriebene Produkt entscheidend, sondern die Macht- und Interessenkonstellation des Franchisevertrags. Danach habe der Nachhilfelehrer weder rechtlich noch faktisch in nennenswertem Umfang unternehmerisch tätig werden können.

LSG: Regelung des "kleinen Selbstständigen" greift

Der klagende Lehrer teilte dem beklagten Rentenversicherungsträger mit, dass er eine Nachhilfeeinrichtung betreibe und dort selbst unterrichte. Der Schwerpunkt liege nicht im Unterricht, sondern in der Organisation und Verwaltung. Der Beklagte stellte die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung fest. Das SG Köln wies seine Klage ab. Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. In der Gesamtschau sei er genau der Franchisenehmer, der als sogenannter kleiner Selbstständiger über die Regelung des § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI gegen drohende Altersarmut abgesichert werden solle. Maßstab sei das nach den Regelungen des Franchisevertrags verbleibende Ausmaß der wirtschaftlichen Unabhängigkeit und des unternehmerischen Gestaltungsspielraums. Nach dem Inhalt des (auch von den Vertragsparteien so gelebten) Franchisevertrags habe der Kläger als Franchisenehmer weder rechtlich noch faktisch in nennenswertem Umfang unternehmerisch tätig werden können.

Komplette Abhängigkeit vom Franchisegeber

Die Anmietung der Unterrichtsräume sei von der Zustimmung des Franchisegebers ebenso abhängig wie eine Verlagerung des Standorts innerhalb des Vertragsgebiets, erläutert das LSG. Die Einrichtung und Ausgestaltung der Räume richte sich nach den Vorgaben des Franchisegebers. Es sei dem Franchisenehmer untersagt, die Räume zu anderen (zum Beispiel unternehmerischen) Zwecken zu nutzen. Die Erbringung konkurrierender Dienstleistungen sei ihm nicht erlaubt. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung seines Angebots sei der Franchisenehmer verpflichtet, die Kurse auf der Grundlage des vom Franchisegeber überlassenen Knowhows anzubieten, durchzuführen und dabei dessen Konzept zu übernehmen. Der Franchisegeber sei zu Kontrollbesuchen und Einsicht in die Betriebsunterlagen berechtigt. Der Kläger müsse schließlich weit mehr als 40% seiner Einnahmen abführen und sei an diese Vereinbarung für die Vertragslaufzeit von zehn Jahren gebunden, was seine wirtschaftliche Abhängigkeit unterstreiche. Das LSG hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen.

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.02.2022 - L 3 R 662/21

Redaktion beck-aktuell, Britta Weichlein, beck-aktuell-Redaktion, 27. Mai 2022.