EuGH soll über Rente für Kindererziehungszeiten in den Niederlanden entscheiden

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen hat dem Europäischen Gerichtshof ein Verfahren zur Vorabentscheidung vorgelegt, in dem es um die Berücksichtigung von in den Niederlanden zurückgelegten Kindererziehungszeiten geht. Es möchte dabei die Frage beantwortet haben, ob Art. 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 in bestimmten Fällen über seinen Wortlaut hinaus erweiternd anzuwenden ist.

SG lehnte Anerkennung mangels Beschäftigung bei Geburt in Deutschland ab 

Der beklagte Rentenversicherungsträger lehnte die von der Klägerin begehrte Vormerkung von Zeiten zwischen 1986 und 1999 als Kindererziehungszeiten ab. Das Sozialgericht Aachen wies die Klage ab: Eine Anerkennung der in den Niederlanden erfolgten Kindererziehung komme nach deutschem Recht nicht in Betracht. Eine europarechtliche Gleichstellung der Kindererziehungszeiten sei nicht möglich, weil die Klägerin an den Tagen der Geburt ihrer Kinder beziehungsweise unmittelbar zuvor weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Erwerbstätigkeit in Deutschland oder nach deutschem Recht ausgeübt und keine Beiträge wegen einer Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit zur deutschen Rentenversicherung gezahlt habe. Die Zurücklegung von Zeiten in der niederländischen Rentenversicherung zeige vielmehr eine enge Verbindung der Klägerin zum niederländischen System der sozialen Sicherung.

LSG: EU-Regelung zur Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten erweiternd anzuwenden?

Das LSG hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen. Da für die staatliche Rente allein auf die in den Niederlanden zurückgelegten Wohn- bzw. Arbeitszeiten und gerade nicht auf Zeiten der Kindererziehung als rentenrechtlich relevanten Tatbestand abgestellt werde, liege es nahe, dass das niederländische Rentensystem Kindererziehungszeiten gar nicht berücksichtige. Aus der bisherigen Rechtsprechung des EuGH könne die Frage nicht zweifelsfrei beantwortet werden, ob Art. 44 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 über den Wortlaut hinaus erweiternd auch auf einen Fall wie den vorliegenden anzuwenden ist.

Hinreichende Verbindung zum System der deutschen Rentenversicherung hier naheliegend

Es spreche vieles dafür, das von der Klägerin nur zufällig unentgeltlich - und damit nicht versicherungspflichtig - absolvierte Anerkennungsjahr als Erzieherin vor der Geburt ihrer Kinder und die nach dieser erfolgte versicherungsfreie selbständige Tätigkeit beziehungsweise die von der Beklagten berücksichtigte geringfügige versicherungsfreie Beschäftigung ab 1999 für eine hinreichende Verbindung zum System der deutschen Rentenversicherung genügen zu lassen.

LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.04.2021 - L 18 R 1114/16

Redaktion beck-aktuell, 4. Juni 2021.