Geklagt hatten eine Frau und deren Tochter aus Hannover. Sie lebten jahrelang in einer Bedarfsgemeinschaft mit dem Kindesvater, der sich, mit einer Vollmacht ausgestattet, um die Anträge auf Grundsicherungsleistungen kümmerte. Als die Frau später wieder einen Job hatte, beauftragte sie ihren Freund mit der Abmeldung der Bedarfsgemeinschaft beim Jobcenter. Der Mann hatte eine andere Idee und leitete dank der weiterhin bestehenden Vollmacht die Leistungen ohne Wissen der Frau auf ein anderes Konto um. Den Schriftverkehr vom Amt fing er ab.
Das Jobcenter erfuhr erst durch eine Mitteilung der Rentenversicherung von der Beschäftigung der Frau und verlangte rund 11.000 Euro zurück. Zwar wurde der inzwischen Ex-Freund wegen Sozialleistungsbetrugs verurteilt, die Rückzahlungsforderung blieb aber an der Frau hängen.
Sie zog vor Gericht und berief sich darauf, von dem Handeln ihres damaligen Lebensgefährten nicht gewusst zu haben. Vergeblich: Das LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 27.02.2024 - L 11 AS 330/22) entschied, dass sich die Frau nicht auf Vertrauensschutz berufen und das Geld behalten könne, da sie sich das Verhalten ihres Lebensgefährten als Vertreter zurechnen lassen müsse. Sie habe dessen Vollmacht nie widerrufen. Wer den Rechtsschein dazu setze, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftrete, müsse sich nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht dessen Verhalten zurechnen lassen, selbst wenn er keinen Bevollmächtigungswillen mehr hatte. Es gehöre zum Wesen der Vollmacht, zum Schutz des Rechtsverkehres ein im Außenverhältnis wirksames Handeln des Vertreters herzustellen, wenn die Grenzen im Innenverhältnis überschritten werden.