LSG Niedersachsen-Bremen kritisiert fehlenden Unfallversicherungsschutz bei Heimarbeit

Eltern, die ihr Kind auf dem Weg zur Arbeit in den Kindergarten bringen, sind gesetzlich unfallversichert. Dies gilt jedoch nicht für Eltern, deren Arbeitsplatz sich zu Hause befindet. Verunfallen sie auf dem Rückweg vom Kindergarten zum häuslichen Arbeitsplatz, liegt kein Wegeunfall im Sinn der gesetzlichen Unfallversicherung vor, wie das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen festhält. Es kritisiert diese Gesetzeslage, die den heutigen Arbeitsverhältnissen nicht gerecht werde (Urteil vom 26.09.2018, Az.: L 16 U 26/16).

Unfall auf Weg von Kindergarten zu häuslichem Telearbeitsplatz

Zugrunde lag der Fall einer Mutter, die für ihren Braunschweiger Arbeitgeber von zu Hause per Teleworking arbeitete. Ende November 2013 erlitt sie einen Unfall, als sie mit dem Fahrrad auf Blitzeis wegrutsche und sich den Ellenbogen brach. Sie war dabei auf dem Rückweg vom Kindergarten ihrer Tochter zum häuslichen Telearbeitsplatz.

Berufungsgenossenschaft verweigert Übernahme der hohen Behandlungskosten

Die Behandlung war kompliziert und kostete circa 19.000 Euro. Die Krankenkasse verauslagte das Geld zunächst und forderte die Berufsgenossenschaft zur Erstattung auf. Diese hielt sich nicht für zuständig, da kein Arbeits- oder Wegeunfall vorliege. Das Bringen der Tochter zum Kindergarten sei kein Weg, um zur Arbeit zu gelangen. Es sei vielmehr ein privater Heimweg. Die Krankenkasse argumentierte, es mache keinen Unterschied, ob man nach dem Kindergarten zum Arbeitgeber oder zum Telearbeitsplatz fahre.

LSG: Nur klassischer Arbeitsweg versichert

Das LSG hat die Rechtsauffassung der Berufsgenossenschaft bestätigt. Nach der Konzeption des Gesetzes sei schon immer der klassische Arbeitsweg versichert gewesen. Dies sei 1971 um den Kindergartenumweg erweitert worden. Versicherungsschutz am häuslichen Arbeitsplatz habe jedoch zu keiner Zeit bestanden, da die von der Unfallversicherung abgedeckten typischen Verkehrsgefahren durch Heimarbeit gerade vermieden würden. Liegen Wohnung und Arbeitsstätte in demselben Gebäude, sei begrifflich ein Wegeunfall ausgeschlossen. Der Weg zum Kindergarten sei damit privat.

Rechtslage wird heutigem Berufsleben nicht gerecht

Ob angesichts zunehmender Verlagerung von Bürotätigkeiten der Versicherungsschutz auch auf Wege zum Heimarbeitsplatz zu erweitern sei, könne allein der Gesetzgeber entscheiden. Durch die Gerichte lasse sich mit der Rechtslage von 1971 kein Ergebnis erzielen, das den heutigen Entwicklungen des Berufslebens gerecht werde.

Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen

Die Revision zum Bundessozialgericht wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 26.09.2018 - L 16 U 26/16

Redaktion beck-aktuell, 22. Oktober 2018.

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