LSG Niedersachsen-Bremen: Fahrgastbegleiter mit Ein-Euro-Job scheitert mit Klage auf Tariflohn

Ein-Euro-Jobs dürfen nur für gemeinnützige Zusatzarbeiten eingerichtet werden, die keine reguläre Arbeit verdrängen. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass der Fahrgastbegleitservice der ÜSTRA in Hannover diesen Anforderungen genügt. Die Klage eines Ein-Euro-Jobbers, der vom Jobcenter den Tariflohn für seine Tätigkeit als Fahrgastbegleiter verlangt hatte, wies das LSG ab (Urteil vom 18.12.2018, Az.: L 11 AS 109/16).

Ein-Euro-Jobber zweifelte an Qualifizierung der Fahrgastbegleitung als Zusatzarbeit

Der ehemalige Hartz-IV-Empfänger aus Hannover war vom Jobcenter in eine Eingliederungsmaßnahme als Fahrgastbegleiter der Verkehrsbetriebe vermittelt worden. Drei Jahre lang hatte er Senioren und Rollstuhlfahrern beim Einsteigen geholfen, Eltern mit Kinderwagen unterstützt und Patienten zum Arzt begleitet. Als er in einer Praxis den Werbeflyer eines Begleitdienstes fand, kamen ihm Zweifel, ob er wirklich eine Zusatzarbeit ausübt.

Tariflohn als Wertersatz gefordert

Vom Jobcenter verlangte der Mann nun Tariflohn als Wertersatz für seine Arbeit. Nach seiner Ansicht erbringe die ÜSTRA eine kostenlose Leistung, die bei anderen Anbietern im Rahmen von Betreuungen oder Eingliederungsleistungen Geld koste. Hierdurch entstehe eine wettbewerbsverzerrende Konkurrenz, die auch noch intensiv beworben werde.

LSG sieht in kostenlosem Fahrgastbegleitservice Zusatzarbeit

Das LSG hat die Rechtsauffassung des Jobcenters bestätigt. Ein kostenloser Fahrgastbegleitservice für mobilitätseingeschränkte Fahrgäste im ÖPNV sei eine Zusatzarbeit im Sinne des SGB II, soweit er nicht zum eigentlichen Leistungsspektrum des Personentransportes gehöre. Dem stehe nicht entgegen, dass es bei der ÜSTRA etwa 70 Fahrgastbegleiter gebe, für die Werbung gemacht werde.

LSG führt fehlende Zusatzeinnahmen der ÜSTRA an

Das Gericht hat die Unternehmensstatistiken der ÜSTRA ausgewertet und sich entscheidend darauf gestützt, dass dem Unternehmen durch den kostenlosen Service keine Zusatzeinnahmen entstünden. Gemessen an 176 Millionen Fahrgästen pro Jahr könne aus mehreren Hundert Personenbegleitungen pro Monat kein ernsthaftes wirtschaftliches Interesse am Ticketverkauf folgen. Ebenso wenig bestehe ein Verdrängungspotential anderer Anbieter, die zumeist auch ganz andere Leistungen wie Individualbetreuung erbrächten.

LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.12.2018 - L 11 AS 109/16

Redaktion beck-aktuell, 21. März 2019.