Bremen übernahm teilweise zu hohe Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger

Die Bewilligung der Kosten der Unterkunft in Bremen erfolgte im Zeitraum Oktober 2017 bis September 2018 nicht auf einer Grundlage, die den höchstrichterlichen Anforderungen an ein schlüssiges Konzept zur Erhebung des Mietwohnungsmarktes genügt. Dies habe in Bremen teilweise zur Übernahme von tendenziell zu hohen Kosten geführt, so das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen.

542 Euro von 610 Euro Miete übernommen

Geklagt hatte ein 1960 geborener, alleinstehender Mann, der seit 1989 in einer 88 Quadratmeter großen 3,5-Zimmer-Wohnung in der Bremer Neustadt lebt. Für die Grundmiete und Nebenkosten überwies er monatlich circa 610 Euro an die Vermieter. Nachdem in der Vergangenheit mehrfach erfolglose Gespräche zwischen dem Kläger und dem Jobcenter stattgefunden hatten, wie diese Kosten gesenkt werden könnten, bewilligte das Jobcenter ab Oktober 2017 für die Kosten der Unterkunft nur noch 523,25 Euro beziehungsweise nach einer Erhöhung 542 Euro. Die ermittelten Beträge beruhten auf einem Richtwert für eine Mietobergrenze, der auf der Basis eines Fachgutachtens zum Mietwohnungsmarkt ermittelt wurde ("schlüssiges Konzept").

LSG: Methodik-Fehler führt zu überhöhten Werten

Das Sozialgericht Bremen hatte die Klage des Klägers auf höhere Leistungen abgewiesen. Das LSG hat dieses Urteil bestätigt und sich dabei intensiv mit dem "schlüssigen Konzept" in Bremen auseinandergesetzt. Es kam zu dem Ergebnis, dass die in Bremen auf der Grundlage des Fachgutachtens angewandte Methodik unter anderem aufgrund von für bestimmte Stadtteile – auch für die Bremer Neustadt – gewährten Zuschlägen nicht schlüssig ist und zu Werten führt, die tendenziell oberhalb der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten liegen. Dieser Fehler in der Methodik schlage auf die durch die Fortschreibung ermittelten Werte durch.

Kläger profitiert bereits von nicht schlüssigem Konzept

Das nicht schlüssige Konzept wirke bereits zugunsten des Klägers und könne deshalb nicht zu noch höheren Leistungen führen, betont das LSG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erstrecke sich der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich seien. Nicht dem Existenzminimum zuzuordnen seien hingegen weitere politische Ziele. Zu beachten sei in diesem Zusammenhang, dass eine den Mietpreis erhöhende Wirkung durch die Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu vermeiden ist.

LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 30.08.2022 - L 15 AS 106/20

Redaktion beck-aktuell, 23. Januar 2023.