Geduldeter klagt auf höhere Geldleistungen
Geklagt hatte ein 38-jähiger Mann mit ungeklärter Staatsangehörigkeit, der seit seinem erfolglosen Asylverfahren im Jahr 1999 in Deutschland wegen Passlosigkeit geduldet wird. Er lebt in einer Gemeinschaftsunterkunft im Landkreis Cuxhaven. Im Jahr 2018 erhielt er monatliche Leistungen von 354 Euro zuzüglich Unterkunfts- und Heizkosten. In dieser Zeit bekam ein Sozialhilfeempfänger 416 Euro pro Monat. Die Gewährung höherer Leistungen lehnte der Landkreis ab. Er bezog sich auf die Rechtsauffassung der Bundesregierung, wonach die Neufestsetzung und Fortschreibung der Bedarfssätze des AsylbLG ein Gesetz bzw. die Bekanntgabe des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) voraussetzten.
Erste Instanz gibt Kläger Recht
In der ersten Instanz hatte das Sozialgericht Stade höhere Leistungen von sechs Euro pro Monat mit der Begründung zugesprochen, dass sich die Erhöhung der Bedarfssätze unmittelbar aus dem Gesetz ergebe und eine Bekanntgabe durch das BMAS nicht erforderlich sei. Das LSG hat die Berufung des Landkreises zwar aus prozessualen Gründen als unzulässig verworfen, aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage einen Ausblick auf seine voraussichtliche Rechtsprechung gegeben. Wie auch das SG meint der Senat, dass die Grundleistungen für die Zeit ab 2017 wegen der vom Gesetzgeber nicht vorgenommenen Neufestsetzung im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung entsprechend der gesetzlichen Vorgabe fortzuschreiben sind.
LSG: Überprüfung und Weiterentwicklung der Leistungen verfassungsrechtlich geboten
Hierfür sprächen laut LSG eine mit dem Wortlaut des AsylbLG zu vereinbarende Auslegung, die die Gesetzeshistorie und -systematik sowie den Sinn und Zweck der Aktualisierung der Leistungssätze berücksichtigt. Die Leistungssätze nach dem AsylbLG seien bereits von 1993 bis 2012 unverändert geblieben und nicht an die Lebensverhältnisse in Deutschland angepasst worden. Die Überprüfung und Weiterentwicklung der Leistungen anhand der gegenwärtigen Umstände sei auch nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, BeckRS 2014, 55837) geboten. Dies erfordere die Menschenwürde, so das LSG.