Brustverkleinerung: Männer müssen (meist) selbst zahlen

Eine Brustdrüsenschwellung, eine sogenannte Gynäkomastie, ist zwar ein häufiges Phänomen bei erwachsenen Männern, laut LSG Darmstadt aber gewöhnlich keine behandlungsbedürftige Krankheit. Daher muss die Krankenkasse die Kosten für die operative Entfernung von Brustgewebe nicht übernehmen.

Einige Ausnahmen machte das Berufungsgericht aber doch: Eine Kostenübernahme käme in Betracht, wenn die Gynäkomastie orthopädische oder dermatologische Beschwerden oder ausprägte Schmerzen verursache. Im entschiedenen Fall traf davon aber nichts zu.

Hier hatte sich der Versicherte, der unter einer Gynäkomastie mit Berührungsempfindlichkeit und Schmerzen in Ruhe wie auch beim Sport leidet, an seine Kasse gewandt und die Kostenübernahme für eine beidseitige Mastektomie, also die operative Entfernung von Brustgewebe, beantragt. Die Kasse hielt den Eingriff für medizinisch nicht notwendig, weil nur eine leichtgradige Brustvergrößerung ohne entzündliche Veränderungen oder maligne Prozesse vorliege.

Operation an intaktem Organ kann nur ultima ratio sein

Nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit komme Krankheitswert zu, entschied das LSG Darmstadt (Urteil vom 25.07.2024 - L 1 KR 193/22). Eine Krankheit liege vor, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt werde oder wenn eine anatomische Abweichung entstellend wirke.

Werde durch eine Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen, bedürfe es einer speziellen Rechtfertigung. Die chirurgische Verkleinerung der Brust dürfe nur ultima ratio sein, so die Darmstädter Richterinnen und Richter. Bei dem Versicherten seien keine orthopädischen oder dermatologischen Beschwerden aufgrund der Gynäkomastie nachgewiesen. Auch fehle ein Nachweis besonders ausgeprägter Schmerzen. Die gelegentliche Einnahme von nicht verschreibungspflichtigen Schmerzmitteln reiche nicht aus. Bei psychischen Belastungen seien vorrangig Behandlungsalternativen auf dem Gebiet der Psychiatrie und Psychotherapie in Anspruch zu nehmen.

Auch unter dem Gesichtspunkt einer Entstellung ergebe sich kein Leistungsanspruch, so das LSG weiter. Denn die körperliche Auffälligkeit sei bei dem Versicherten nicht so ausgeprägt, dass sie sich schon bei flüchtigen Begegnungen in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar mache und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer führe. Vielmehr könne der Versicherte die betreffenden Körperstellen durch Kleidung verdecken. Unbekleidet wirke die Gynäkomastie nicht evident abstoßend.

LSG Hessen, Urteil vom 25.07.2024 - L 1 KR 193/22

Redaktion beck-aktuell, gk, 11. September 2024.