Ein Fachjournalist für IT-Technik legte gegen einen Sozialhilfebescheid per einfacher E-Mail Widerspruch ein. Die Sozialhilfebehörde wies den Widerspruch als unzulässig zurück, denn es fehle die qualifizierte elektronische Signatur. Notgedrungen übersandte der schwerbehinderte Mann seinen Widerspruch per Fax.
Die Frist konnte er damit zwar einhalten. Der 61-Jährige wollte aber eine grundsätzliche Regelung erreichen, nach der Behörden auch formgebundenen Schriftverkehr - wie die Einlegung von Widersprüchen - per einfacher E-Mail zulassen müssen. Aufgrund seiner Schwerbehinderung sei es dringend notwendig, mit Behörden und Gerichten einfach und unkompliziert per E-Mail zu kommunizieren, argumentierte er. Die Kosten für De-Mail - ein auf E-Mail-Technik beruhendes, hiervon aber technisch getrenntes Kommunikationsmittel zur sicheren, vertraulichen und nachweisbaren Kommunikation im Internet - und das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) seien in der Regelbedarfsbemessung für die Sozialhilfe nicht enthalten. Er werde als behinderter Mensch benachteiligt und sein Anspruch auf barrierefreie Kommunikation werde verletzt.
Gesetzliches Formerfordernis verstößt nicht gegen Benachteiligungsverbot
Nach dem SG erklärte nun auch das LSG die Klage für unbegründet (Urteil vom 18.10.2023 - L 4 SO 180/21): Am Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur sei nicht zu rütteln. Bei der elektronischen Übermittlung müsse sichergestellt sein, dass nur solche Schreiben als Widerspruch gewertet werden, aus denen sich klar ergebe, dass sie von dem Betreffenden willentlich in den Verkehr gebracht worden sind. Dies sei bei einer einfachen E-Mail nicht gegeben.
Der schwerbehinderte Mann werde hierdurch auch nicht verfassungswidrig benachteiligt. Eine Benachteiligung behinderter Menschen könne zum Beispiel darin liegen, durch die öffentliche Gewalt von bestimmten Betätigungsmöglichkeiten ausgeschlossen zu werden, ohne hierfür hinlänglich kompensiert zu werden. Hiervon sei beim Fachjournalisten aber nicht auszugehen. Er nutze ein Fax-Gerät, mit welchem formgerecht Widerspruch und andere Rechtsmittel eingelegt werden könnten. Sein Argument, dass ihm die Einrichtung eines gesetzeskonformen Übertragungsweges oder aber eine Möglichkeit zur qualifizierten elektronischen Signatur erschwert würden, überzeugte die Richterinnen und Richter nicht. Darüber hinaus bleibe es dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit überlassen, den barrierefreien Zugang zu behördlichem und gerichtlichem Rechtsschutz näher auszugestalten. Die Revision wurde nicht zugelassen.