Angehender Richter: Frühe Kündigung bei Kanzlei führt zu Sperrzeit

Gibt ein Anwalt freiwillig seine Arbeit in einer Kanzlei auf, um drei Monate später eine Richterstelle anzutreten, bekommt er in der Zwischenzeit kein Alg I. Konkrete Anhaltspunkte für eine nahtlose Übernahme in den Richterdienst bestanden, so das LSG Hessen, zum Zeitpunkt der Kündigung nicht.

Ein Rechtsanwalt hatte die Aussicht, als Richter beim Hessischen Finanzgericht eingestellt zu werden. Bereits im Mai kündigte er seine Mitarbeit in einer Kanzlei zum 31.08.2018. Im Gespräch war eine Einstellung nach dem 30.09.2018. Drei Monate nach seinem Ausscheiden wurde er zum 01.11.2018  bei dem Kasseler Gericht als Richter auf Probe eingestellt.

Für die dreimonatige Auszeit meldete er sich arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Agentur für Arbeit spielte nicht mit und verhängte eine zwölfwöchige Sperrzeit vom 01.09. bis 23.11.2018 nach §§ 159 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1, 148 SGB III. Während dieser Zeit ruhe sein Anspruch auf Arbeitslosengeld, da der Jurist selbst seinen Job gekündigt habe, so die Begründung. Auch nach Ablauf der Sperrzeit würden ihm keine Leistungen gezahlt, weil er am 01.11.2018 eine Arbeit aufnehmen werde und somit nicht mehr arbeitslos sei. Nachdem sein Widerspruch gescheitert war, zog der Mann gegen die Behörde vor Gericht – und verlor.

Die Sperrzeit für Alg I wegen Arbeitsaufgabe hielt auch beim Landessozialgericht Hessen (Urteil vom 20.10.2023L 7 AL 70/20). Konkrete Anhaltspunkte für die Übernahme in ein Richterverhältnis auf Probe, so die Darmstädter Richterinnen und Richter, hätten nicht bereits zum Zeitpunkt der Kündigung im Mai bestanden, sondern erst nach der Wahl durch den Richterwahlausschuss und damit am 09.10.2018. Aus dem Vortrag des Klägers, ihm sei Anfang Mai mitgeteilt worden, er werde wohl nicht vor dem 30.09.2018 eingestellt, könne auch nicht geschlossen werden, dass die Einstellung nahtlos oder zum 01.10.2018 erfolgen werde.

Gründe lagen in Verantwortungsbereich des Richters

Der Kläger könne sich, so das LSG, für sein Verhalten auch nicht auf einen wichtigen Grund nach § 159 Abs. 1 S. 3 SGB III berufen. Denn der Einbau eines – für den Kläger organisatorisch vorteilhaften – zeitlichen Puffers für Wohnungssuche und Umzug im Interesse der Beitragszahler könne – wie bereits vom Sozialgericht Kassel festgestellt – nicht zur Risikoverlagerung durch Arbeitslosengeldzahlung auf die Arbeitsagentur führen. Zur Vorbereitung des Umzugs hätte der Jurist auch seinen Resturlaub nutzen können. Daher könne die Abwägung nicht zu seinen Gunsten ausfallen. Mangels Härtefalls sei die Sperrzeit auch nicht von zwölf auf sechs Wochen zu verkürzen (§ 159 Abs. 3 S. 2 Nr. 2b SGB III).

LSG Hessen, Urteil vom 20.10.2023 - L 7 AL 70/20

Redaktion beck-aktuell, ns, 15. November 2023.