Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in Celle hat in einem jetzt veröffentlichten Urteil entschieden, dass Begleithunde für Kinder, die an einem fetalen Alkoholsyndrom (FAS) leiden, nicht von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bezahlt werden müssen. Im Gegensatz zum Blindenhund sei ein Begleit- oder Assistenzhund kein Hilfsmittel der GKV (Urteil vom 18.02.2020, Az.: L 16 KR 253/18).
Grundschüler mit Entwicklungsverzögerung
Geklagt hatte ein Grundschüler aus dem nördlichen Niedersachsen. Der Junge wurde als viertes von sechs Kindern einer alkoholkranken Mutter geboren. In der Schwangerschaft hatte die Frau in erheblichen Mengen Alkohol getrunken und alle Hilfsangebote abgelehnt. Nach der Geburt wurde das Kind in Obhut genommen und lebt seitdem bei Pflegeeltern. Wegen des Alkoholkonsums der Mutter bestehen bei dem Jungen ein FAS und eine Entwicklungsverzögerung. Er ist dadurch sehr zappelig und neigt zum Redeschwall. In der Schule begleitet ihn eine Integrationshelferin, die ihn schon im Kindergarten unterstützt hat.
Kinderärztin verordnete Behindertenbegleithund
Die behandelnde Kinderärztin verordnete dem Jungen einen Behindertenbegleithund. Sie begründete dies damit, dass Begleithunde Kindern mit FAS helfen könnten, indem sie etwa bei Unruhezuständen die Pfote auflegten oder Redeflüsse unterbrächen. Ein Hund gebe Geborgenheit und fördere auch den Kontakt zu anderen Kindern. Die Pflegeeltern kauften für den Jungen einen Golden Retriever und begehrten dessen Ausbildung zum Begleithund. Eine Ausbildung kostet bis zu 30.000 Euro. Die Krankenkasse lehnte eine Kostenübernahme ab, da ein solcher Begleithund nicht in den Aufgabenbereich der GKV gehöre. Es handele sich vielmehr um allgemeine Haustierhaltung.
LSG: Krankenkasse muss Ausbildung nicht zahlen
Das LSG hat die Rechtsauffassung der Krankenkasse bestätigt. Im Gegensatz zum Blindenhund sei ein Begleit- oder Assistenzhund kein Hilfsmittel der GKV. Ziel des Behinderungsausgleichs sei vornehmlich der Ausgleich von Funktionsverlusten wie etwa des Sehens. Zwar stehe die positive Wirkung des Hundes außer Frage, da der Kläger in Gegenwart des Golden Retrievers deutlich ruhiger sei. Jedoch werde ein Haustier allein durch die förderlichen Auswirkungen in verschiedenen Lebensbereichen nicht zum Hilfsmittel, da hierdurch kein Grundbedürfnis erschlossen werde.
LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 18.02.2020 - L 16 KR 253/18
Redaktion beck-aktuell, 24. März 2020.
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LSG Baden-Württemberg, Blindenführhund, Kostenübernahme, Netzhautdegeneration, Hilfsmittel, BeckRS 2012, 71261
BSG, Erfolglose Nichtzulassungsbeschwerde mangels Erforderlichkeit eines Behindertenbegleithundes, BeckRS 2010, 65881