Kein Arzt wollte erforderliche Behandlung mit Zehennagelspange erbringen
Die gesetzlich krankenversicherte Klägerin leidet im Bereich der linken Großzehe unter einem chronifiziert eingewachsenen Zehnagel. Medizinisch notwendig ist in diesem Fall die Behandlung mit einer individuell gefertigten Nagelkorrekturspange. Hierbei handelt es sich um einen aus Draht oder Kunststoff konstruierten Bügel mit Haken und Ösen, der unter dem freien Nagelrand angebracht wird und in längerer Prozedur den Nagel in seine ursprüngliche Form heben soll. Nach Anlegen der Spange muss ihr Sitz wiederholt angepasst werden. Die Klägerin fand keinen Arzt, der diese Behandlung erbringen konnte oder wollte. Weder die beklagte Krankenkasse noch die zum Verfahren beigeladene Kassenärztliche Vereinigung Berlin konnten einen ärztlichen Leistungserbringer benennen.
Krankenkasse lehnte Kostenübernahme ab
Daraufhin begab die Klägerin sich in die Behandlung einer medizinischen Fußpflegerin (Podologin), die die Nagelkorrekturspange anlegte und ihren Sitz laufend regulierte. Eine Erstattung der Kosten für die medizinische Fußpflege lehnte die beklagte Krankenkasse mit der Begründung ab, dass eine solche nur im Fall des hier nicht vorliegenden diabetischen Fußsyndroms in Betracht komme. Das Sozialgericht gab der Klage der Versicherten statt und verpflichtete die Krankenkasse zur Kostenerstattung. Die Krankenkasse legte Berufung ein.
LSG: Anlegen einer Zehennagelspange ärztliche Leistung
Das LSG hat die vorinstanzliche Enzscheidung bestätigt und der Berufung der Krankenkasse zurückgewiesen. Anspruch auf Versorgung mit Leistungen der medizinischen Fußpflege bestehe nach geltendem Recht grundsätzlich nur beim diabetischen Fußsyndrom. Bei der Behandlung eingewachsener Zehnägel einschließlich des Anlegens einer Finger- oder Zehennagelspange handele es sich dagegen nach den einschlägigen Regelungen des Krankenversicherungsrechts um eine ärztliche Leistung.
Systemmangel erlaubt ausnahmsweise Inanspruchnahme eines Podologen
Dass die Nagelspangenbehandlung für die Klägerin nicht als ärztliche Leistung zu erhalten gewesen sei, begründe einen Systemmangel. Dieser erlaube ausnahmsweise die Inanspruchnahme eines nichtärztlichen Leistungserbringers, hier des Podologen. An der fachlichen Qualifikation von Podologen bestehe insoweit kein Zweifel. Die Berufsbezeichnung Podologe dürfe nämlich nur führen, wer eine inhaltlich genau vorgeschriebene Ausbildung in medizinischer Fußpflege sowie eine staatliche Prüfung absolviert habe. Zum Ausbildungsprogramm gehöre gerade auch die Nagelspangenbehandlung. Staatlich geprüfte Podologen seien daher in besonderem Maße fachlich qualifiziert, die von Gesetzes wegen als ärztliche Leistung beschriebene Nagelspangenbehandlung sachkundig auszuüben.
Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung möglich
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Gericht die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.