LSG Berlin-Brandenburg hält gesetzliche Regelung zur Mischpreisbildung bei neuen Arzneimitteln für erforderlich

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bezweifelt die Rechtmäßigkeit der Mischpreisbildung für neue Arzneimittel, die nur für einen Teil der in Betracht kommenden Patientengruppen einen Zusatznutzen haben, und hält eine gesetzliche Regelung für erforderlich. Dies geht aus seinen Urteilen vom 28.06.2017 hervor. Den Klagen des GKV-Spitzenverbandes gab das LSG mangels transparenter Festlegung der Erstattungsbeträge durch die Schiedsstelle statt. Das LSG hat jeweils die Revision zugelassen (Az.: L 9 KR 213/16 KL und L 9 KR 72/16 KL).

Schiedsstelle bildete Mischpreise

In den Verfahren ging es um die Festsetzung des Erstattungsbetrages nach § 130b SGB V für die beiden Arzneimittel Eperzan (Wirkstoff Albiglutid) und Zydelig (Wirkstoff Idelalisib). Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hatte im Rahmen der Nutzenbewertung jeweils mehrere Patientengruppen gebildet, für die die Arzneimittel in Betracht kommen. Einen Zusatznutzen im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie sah der GBA bei beiden Arzneimitteln nur für einen Teil der Patientengruppen gegeben. Daher bestand bei der Festlegung des Erstattungsbetrages das Problem, dass ein einheitlicher Preis für Arzneimittel zu bilden war, die nur für einen Teil der Patientengruppen einen Zusatznutzen haben. Die Schiedsstelle bildete deshalb Mischpreise. Der GKV-Spitzenverband erachtete beide Schiedssprüche für rechtswidrig und klagte vor dem LSG.

LSG: Bildung der Erstattungsbeträge nicht nachvollziehbar

Das LSG hat beiden Klagen stattgegeben und die Schiedssprüche aufgehoben. Beide Schiedssprüche seien wegen eines Begründungsmangels rechtswidrig. Grundsätzlich sei von Schiedssprüchen auf der Grundlage von § 130b SGB V zu fordern, dass sie den der Bildung des Erstattungsbetrages zugrunde liegenden Rechenweg mit allen seinen Implikationen nachvollziehbar und transparent aufzeigen. Dem würden die Schiedssprüche nicht gerecht. Im Fall des Arzneimittels Eperzan sei der mit 1.200 Euro bezifferte Wert des Zusatznutzens nicht nachvollziehbar. Vielmehr scheine er frei "gegriffen". Im Fall des Arzneimittels Zydelig sei nicht einmal ansatzweise zu erkennen gewesen, wie sich der Rechenweg zum Erstattungsbetrag gestaltet habe.

Gesetzliche Regelung für Mischpreisbildung erforderlich

Darüber hinaus hat das LSG im Rahmen eines obiter dictums bezweifelt, dass die praktizierte Mischpreisbildung rechtmäßig sei. Denn der Mischpreis stelle keine nutzenadäquate Vergütung dar und finde keine Grundlage im Gesetz. Dringend notwendig sei daher eine gesetzliche Regelung, die die Mischpreisbildung in einem Fall wie dem vorliegenden zulasse, zumindest aber eine Übereinkunft in der Rahmenvereinbarung nach § 130b Abs. 9 SGB V.

LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.06.2017 - L 9 KR 213/16 KL

Redaktion beck-aktuell, 30. Juni 2017.

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