Angemessenheit des Wohnraums in Berlin anhand von Sozialmieten zu beurteilen

Bei der Entscheidung des Jobcenters über die Höhe der zu gewährenden Unterkunftskosten ist grundsätzlich nicht der Mietspiegel maßgeblich, sondern ein Vergleich mit den Mieten für Sozialwohnungen vorzunehmen. Für die Bestimmung einer Obergrenze müsste aber auch tatsächlich ausreichender Wohnraum für Leistungsberechtigte zur Verfügung stehen, betonte das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg.

Streit um sozialrechtliche Angemessenheit von Wohnraum in Berlin

Die alleinlebende Frau verlangte die Übernahme der vollen Kosten für Miete und Heizung in Höhe von damals rund 640 Euro für ihre 90 qm große Dreizimmerwohnung, weil die Suche nach einer günstigeren Wohnung im angespannten Berliner Wohnungsmarkt aussichtslos gewesen sei. Das Jobcenter hielt insgesamt nur rund 480 Euro für angemessenen und berief sich dabei auf durchschnittliche Zahlen des Berliner Mietspiegels.

LSG gibt Klägerin Recht

Das Landessozialgericht hat der Klägerin Recht gegeben. Die Entscheidung des Jobcenters über die Unterkunftskosten sei rechtswidrig, da bei der Beurteilung der Angemessenheit des Wohnraums nur der durchschnittliche Fall und nicht die "obere Grenze" berücksichtigt worden sei.  Zwar könnten Empfänger von Leistungen der Jobcenter auf solche Wohnungen verwiesen werden, die lediglich einfache Bedürfnisse für eine sichere Unterkunft befriedigten. Wohnungen zum noch als angemessen angesehenen Mietpreis müssten jedoch auch tatsächlich für Leistungsberechtigte zur Verfügung stehen. Dies sei ausweislich des Wohnraumbedarfsberichts nicht der Fall.

Wohnung war vorliegend noch als angemessen anzusehen

In einer solchen Situation könne das Gericht keinen Grenzwert bestimmen. Im vorliegenden Fall lasse sich bei einem Vergleich mit den Mieten für Sozialwohnungen, die gerade für Grundsicherungsempfänger als angemessener Wohnraum bereitgestellt werden sollen, feststellen, dass die Wohnung der Frau noch angemessen gewesen sei. Die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 30.01.2019, BeckRS 2019, 11344) gegebenenfalls als Höchstgrenze heranzuziehenden Werte seien für Berliner Verhältnisse ungeeignet, weil danach selbst viele Sozialwohnungen als unangemessen teuer angesehen werden müssten.

LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.03.2023 - L 32 AS 1888/17

Redaktion beck-aktuell, 4. April 2023.