Der 16. Senat des LSG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass Krankenkassen die Kosten für drei erfolglose Versuche einer Kinderwunschbehandlung zu tragen haben, sofern diese mit der gleichen Methode durchgeführt wurden. Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für Paare, die sich eine Kinderwunschbehandlung wünschen (Urteil vom 16.10.2024 - L 16 KR 101/22).
Eine Frau, die im August 2019 ihren 40. Geburtstag feierte, hat eine Tochter, die per künstlicher Befruchtung gezeugt und im Jahr 2010 geboren wurde. Danach unternahm sie weitere Versuche der künstlichen Befruchtung, die sie bis auf eine selbst bezahlte. Diese umfassten zwei Behandlungen mit intracytoplasmatischen Spermieninjektionen (ICSI) und drei mit kryokonservierten Eizellen. Nur eine ICSI im Jahr 2018 führte zu einer Schwangerschaft, die aber mit einer Fehlgeburt endete.
Ihre Krankenkasse weigerte sich, die Kosten für zwei weitere ICSI-Behandlungen im Jahr 2019 zu übernehmen, mit der Begründung, dass die Obergrenze von drei erfolglosen Versuchen überschritten sei. Ihre gegen diese Entscheidung gerichtete Klage vor dem Sozialgericht hatte zunächst keinen Erfolg.
Auf die Versuche pro Methode kommt es an
Das LSG Berlin-Brandenburg entschied am Dienstag hingegen, dass die Krankenkasse der klagenden Frau die von ihr geltend gemachten hälftigen Kosten für zwei erfolglose ICSI-Behandlungen übernehmen müsse.
Das Gericht stützt seine Entscheidung auf § 27a Abs. 1 Nr. 2 SGB V. Die Norm regelt die Bedingungen für die Übernahme der Kosten für eine Kinderwunschbehandlung. Diese werden übernommen, „wenn nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht besteht, dass durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird; eine hinreichende Aussicht besteht nicht mehr, wenn die Maßnahme drei Mal ohne Erfolg durchgeführt worden ist“.
Laut dem 16. Senat dürfen bei der Zählung der erfolglosen Behandlungsversuche aber unterschiedliche Maßnahmen der künstlichen Befruchtung grundsätzlich nicht addiert werden. Der Wortlaut des Gesetzes beschränke gezielt die Anzahl der Versuche pro Behandlungsmethode, nicht jedoch die Gesamtanzahl der Versuche unabhängig von der Methode. Daher seien die drei erfolglosen Versuche der Befruchtung von kryokonservierten Eizellen nicht mitzuzählen. Überdies könnten, so der Senat, als erfolglose Behandlungsversuche nur solche gewertet werden, deren Methode in den Richtlinien über die künstliche Befruchtung des Gemeinsamen Bundesausschusses aufgeführt würden, was bei der Behandlung mit kryokonservierten Eizellen im Vorkernstadium nicht der Fall sei. Auch die zu einer Fehlgeburt führende ICSI-Behandlung im Jahr 2018 sei kein erfolgloser Versuch.
Als solcher gelte damit nur eine nicht zu einer Schwangerschaft führende ICSI-Behandlung im Jahr 2015, so dass die Krankenkasse die Kosten der zwei weiteren, erfolglosen ICSI-Behandlungen aus dem Jahr 2019 tragen müsse. Die Kasse kann allerdings noch Revision zum BSG einlegen, der Senat hat das Rechtsmittel wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.