Ein heute 52-jähriger Jurist war im Sommer 2017 als Syndikusrechtsanwalt zugelassen worden. Zuvor hatte er bereits elf Jahre lang als Rechtsanwalt gearbeitet und war bei einem Versorgungswerk pflichtversichert gewesen. Die Mitarbeiter bescheinigten dem damals 46-Jährigen eine fortgesetzte freiwillige Mitgliedschaft ab dem 25.05.2017 – eine Pflichtmitgliedschaft mit Wechsel in das eigentlich neu zuständige Versorgungswerk kam aufgrund des Überschreitens der Altersgrenze (45. Lebensjahr) nicht mehr in Betracht. Aufgrund seiner Angaben wurde er von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit. Die Rentenversicherung nahm ihren Bescheid nach § 45 SGB X (Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes) später zurück: Die Voraussetzungen für eine Befreiung hätten mangels Pflichtmitgliedschaft gar nicht vorgelegen. Widerspruch und Klage scheiterten.
Nach dem SG Konstanz stellte sich auch das LSG Baden-Württemberg klar auf die Seite der Rentenversicherung (Urteil vom 21.07.2023 – L 8 R 3523/22). Die Stuttgarter Richterinnen und Richter stimmten dem SG zu, dass weder die freiwillige Mitgliedschaft im Versorgungswerk ab dem 25.05.2017 noch die ab dem 14.07.2017 durch die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt begründete Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer die Voraussetzungen für eine Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk erfüllten. Diese wäre aber Voraussetzung für seine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI gewesen.
Daran ändere, so das LSG, auch der Einwand des Klägers nichts, er habe altersbedingt keine Wahlmöglichkeit mehr gehabt. Dass er davon ausging, dass nach einem Urteil des BSG (Urteil vom 18.09.1963 - 1 RA 202/62 (Essen)) die freiwillige Mitgliedschaft im Versorgungswerk ebenfalls als Pflichtmitgliedschaft anzusehen sei, ist dem LSG zufolge angesichts der sich weiter entwickelten Rechtsprechung und der nachfolgenden Neuregelung des Bereichs der Syndikusrechtsanwälte "grob fahrlässig". Da die freiwillige Mitgliedschaft keine Befreiung aus der gesetzlichen Rentenversicherung erlaube und der Syndikusanwalt insoweit "bösgläubig" gewesen sei, habe der Bescheid daher aufgehoben werden können.