Die obdachlose Frau war beim SG mit einer Klage auf höhere SGB-II-Leistungen gescheitert. Als Zustellungsadresse hatte sie dem Gericht eine Tagesstätte für Wohnungslose ("Wärmestube") genannt. Dorthin wurde das Urteil zugestellt. Da die Frau nicht in der Wärmestube war, nahm eine Mitarbeiterin der Einrichtung es entgegen. Gegen das Urteil legte die Obdachlose Berufung ein, allerdings zu spät.
Das LSG hat die Berufung deshalb als unzulässig verworfen (Urteil vom 17.04.2024 - L 3 AS 101/24). Das Urteil des SG sei wirksam im Weg der Ersatzzustellung zugestellt worden. Das LSG verweist auf § 178 Abs. 1 Nr. 3 ZPO: Danach kann, wenn jemand in einer Gemeinschaftseinrichtung wohnt und dort nicht angetroffen wird, ersatzweise dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter zugestellt werden. Zu den erfassten Einrichtungen zählten auch Obdachlosenunterkünfte und ähnliche Einrichtungen. Auch in einer Wärmestube könne ein Obdachloser "wohnen", wenn er regelmäßig dort sei. Das sei hier der Fall, nachdem die Frau in Klage- wie Berufungsschrift die Wärmestube als Zustelladresse angegeben habe.
Die Bevollmächtigung der Mitarbeiterin zur Entgegennahme beweise die Postzustellungsurkunde zwar nicht. "War jedoch ein Mitarbeiter ausweislich der Postzustellungsurkunde bereit, ein Schriftstück zum Zwecke der Zustellung entgegenzunehmen, hat dies aber eine starke Indizwirkung für das Bestehen einer solchen Vollmacht", so das LSG. Um diese Indizwirkung zu erschüttern, müssten plausibel und schlüssig abweichende Tatsachen vorgetragen werden. Daran fehle es hier. Auch eine Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist gewährte das LSG nicht, da die Frau rechtzeitig Berufung hätte einlegen können.