Ein angestellter Berufskraftfahrer – mit einem nur mündlichen Arbeitsvertrag – fuhr gerne mal zu schnell und telefonierte auch gerne ohne Freisprechanlage beim Fahren. Als er vier Punkte in Flensburg hatte, wurde er vom Kraftfahrtbundesamt ermahnt. Nach sechs Punkten wurde er verwarnt. Bereits einen Monat später telefonierte er wieder beim Fahren und ein weiteres halbes Jahr später überschritt er auf einer Privatfahrt die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft um satte 34 Stundenkilometer. Der Fahrer dachte sich zunächst nichts dabei, weil er davon ausging, dass bis zur Rechtskraft des Bußgeldbescheids ein Punkt verfallen sein würde. Erst mit Fahrerlaubnisentzug habe er erfahren, dass es eine sogenannte Überliegefrist gebe, die zur Folge habe, dass der an sich verfallene Punkt noch ein Jahr stehen bleibe, um den Punktestand zum Zeitpunkt einer erneuten Zuwiderhandlung rekonstruieren zu können.
Mit dem Verlust der Fahrerlaubnis verlor er seine Arbeit und beantragte Arbeitslosengeld. Die Agentur für Arbeit verhängte eine Sperrzeit von vier Monaten, die vor dem Sozialgericht Stuttgart Bestand hatte. Die Sozialrichter wiesen den Mann darauf hin, dass die Überliegefrist nicht das Problem gewesen sei – der erste Punkt sei noch gar nicht tilgungsreif gewesen. Auch die Berufung vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg war erfolglos.
LSG akzeptiert keine Ausreden
Den Verlust seiner Arbeitsstelle habe er grob fahrlässig herbeigeführt, so das LSG. Er sei über seinen jeweiligen Punktestand informiert worden, so dass jedem Arbeitnehmer klar gewesen sei: "Noch ein Verkehrsverstoß, dann ist die Fahrerlaubnis weg!" Eine Berufung auf die Unkenntnis der Überliegefrist führt den Stuttgarter Richtern zufolge nicht zum Entfallen der groben Fahrlässigkeit. Vielmehr habe der Fahrer wegen seines Irrtums geglaubt, er könne sich noch einen weiteren Verkehrsverstoß leisten. Er zeige damit, dass er den Sinn des Punktesystems in Flensburg nicht verstanden habe und sein Fehlverhalten nicht einsehe. Dem Fahrer half auch nicht, dass die letzte Fahrt eine Privatfahrt war, die er bei einer ihm unbekannten Örtlichkeit unter Zeitdruck unternahm. Das LSG betonte, dass der Anknüpfungspunkt für den § 159 SGB III nicht die letzte Fahrt war, sondern die Herbeiführung des Fahrerlaubnisverlusts – mithin eine ganze Reihe von Verkehrsverstößen.
Entsprechend der ständigen Rechtsprechung sah das LSG die Voraussetzungen der Sperrzeit nach § 159 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 SGB III problemlos gegeben: Wer als Berufskraftfahrer wegen Missachtung der Verkehrsregeln seine Fahrerlaubnis verliert, verletzt Nebenpflichten aus dem Arbeitsvertrag. Dabei sei unschädlich, dass der Arbeitsvertrag nur mündlich bestand, da für beide Vertragspartner klar war, dass die Fahrerlaubnis unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung der Tätigkeit ist.