LSG Baden-Württemberg zu Sozialversicherungsbeiträgen: Jährliche Beitragsbemessungsgrenze maßgeblich bei Auflösung von Arbeitszeitkonten

Arbeitszeitkonten, die zur Verstetigung des Arbeitslohns geführt werden, um witterungs- und jahreszeitlich bedingten Schwankungen zu begegnen, werden im Normalfall über Freistellungen ausgeglichen. Im sogenannten "Störfall" (Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und Kontenausgleich durch kumulierte Auszahlung des Lohns im letzten Beschäftigungsmonat und nicht durch Freistellung) ist für die Beitragsabführung zur Sozialversicherung nicht nur die Beitragsbemessungsgrenze im konkreten Auszahlungsmonat maßgeblich, sondern die anteilige Jahresarbeitsentgeltgrenze. Dies entschied nun das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 13.03.2018, Az.: L 11 R 4065/16). Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat es die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Überstunden kumuliert ausgezahlt

Die klagende GmbH & Co. KG, ein Dienstleistungsunternehmen der Garten- und Landschaftspflege aus Mannheim, führte im zugrundeliegenden Fall für ihre Mitarbeiter Arbeitszeitkonten zur Verstetigung des Arbeitslohns, um witterungs- und jahreszeitlich bedingte Schwankungen auszugleichen. Im Herbst 2013 schieden bei der Klägerin elf Arbeitnehmer aus. Daher wurden die im Jahr 2013 auf den Arbeitszeitkonten angesparten Überstunden nicht mehr für Freistellungen verwendet, sondern im letzten Monat der jeweiligen Beschäftigungsverhältnisse kumuliert ausgezahlt. Die Zahlungen wurden als laufender Arbeitslohn nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze des konkreten Auszahlungsmonats zur Sozialversicherung angemeldet und verbeitragt.

Streit um Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen

Die Deutsche Rentenversicherung Bund verlangte nach einer Betriebsprüfung die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 2.199,37 Euro wegen der Auszahlung der Überstunden bei Auflösung des Arbeitszeitkontos durch die Klägerin. Kumuliert gezahlte Überstunden und Auflösungen von Arbeitszeitkonten seien stets laufendes Arbeitsentgelt und dem Monat zuzuordnen, in dem sie erarbeitet seien. Bei Nachzahlungen könne daher der gesamte Betrag nicht nur dem Auszahlungsmonat zugeordnet werden. Maßgeblich sei damit nicht lediglich die monatliche Beitragsbemessungsgrenze im Auszahlungsmonat, sondern die anteilige Jahresarbeitsentgeltgrenze des Nachzahlungszeitraums. Widerspruch und Klage der Arbeitgeberin vor dem Sozialgericht Mannheim waren erfolglos.

Gericht verweist auf gesetzlich angeordnetes Zuflussprinzip

Auch die Stuttgarter Richter schlossen sich der Auffassung der Deutschen Rentenversicherung an. Eine eindeutige gesetzliche Regelung für diesen Fall gebe es nicht, befand das Gericht. Die Sachlage sei am ehesten mit einmalig gezahltem Arbeitsentgelt vergleichbar. Das gesetzlich angeordnete Zuflussprinzip solle sicherstellen, dass die Beitragserhebung entsprechend der verstetigten Lohnzahlung erfolgen kann. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt sei nach der gesetzlichen Regelung dem Entgeltabrechnungszeitraum zuzuordnen, in dem es gezahlt wird. Auch das angesparte Zeitguthaben sei daher in entsprechender Anwendung dieser Regelung nach der anteiligen Jahresarbeitsentgeltgrenze zu verbeitragen.

Gesetz sieht keine Privilegierung vor

Würde man der Auffassung der Klägerin folgen und im Fall nicht vereinbarungsgemäßer Verwendung des Arbeitszeitguthabens (keine Freistellung, sondern Auszahlung bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses) die Beitragserhebung ohne jegliches Korrektiv allein anhand des Auszahlungsmonats vornehmen, würde dies eine erhebliche Besserstellung der sonstigen flexiblen Arbeitszeitmodelle außerhalb von Wertguthabenvereinbarungen darstellen, betonte das Gericht. Denn dann wären Beiträge nur aus dem Entgelt bis zur monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zu erheben. Eine solche Privilegierung sei aber im Gesetz an keiner Stelle angelegt.

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.03.2018 - L 11 R 4065/16

Redaktion beck-aktuell, 16. März 2018.

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