LSG Baden-Württemberg: Hartz-IV-Empfängerin darf kein Vermögen "für schlechte Zeiten“ verheimlichen

Wer über Vermögen verfügt, das die relevanten Freibeträge der Grundsicherung für Arbeitsuchende übersteigt, muss dieses angeben und vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts verwenden. Wer relevantes Vermögen verheimlicht, muss damit rechnen, dass das Jobcenter nachträglich Leistungen zurückverlangt. Das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschieden und eine Hartz-IV Empfängerin dazu verurteilt, an das Jobcenter 16.500 Euro zurückzuzahlen (Urteil vom 23.03.2017, Az.: L 7 AS 758/13).

Klägerin kassiert trotz relevanten Vermögens mehrere Jahre Grundsicherung

Die heute 39-jährige Klägerin, eine gelernte hauswirtschaftstechnische Helferin, wohnte Ende 2004 mietfrei zu Hause bei den Eltern. Sie war zu dem Zeitpunkt arbeitslos und beantragte Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ("Hartz IV“). Dabei gab sie lediglich ein Girokonto mit rund 1.100 Euro Guthaben an. Die Frage, ob sie über relevantes Vermögen über dem Freibetrag (damals für die Klägerin 4.850 Euro) verfüge, hatte sie gegenüber dem Jobcenter mit "nein" beantwortet. Das Jobcenter bewilligte ihr Grundsicherungsleistungen ab Januar 2005. Bei mehreren Folgeanträgen gab die Klägerin jedes Mal an, über kein relevantes Vermögen zu verfügen.

Datenabgleich mit dem Finanzamt bringt Kapitalvermögen ans Licht

Im Dezember 2007 erhielt das Jobcenter über einen automatisierten Datenabgleich vom Bundeszentralamt für Steuern die Nachricht, dass die Klägerin Einkünfte aus Kapitalvermögen habe. Es stellte sich heraus, dass die Klägerin auf zwei bislang unbekannten Konten über ein Vermögen von rund 24.000 Euro verfügte. Das Jobcenter stellte daraufhin die Leistungen ein und verlangte sämtliche seit Anfang 2005 gezahlten Leistungen in Höhe von rund 12.000 Euro und auch die für die Klägerin geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von rund 4.500 Euro zurück.

Klägerin will nicht mit dem Gericht kooperieren

Die Klägerin und ihr Vater machten geltend, die 24.000 Euro auf den Konten stammten im Wesentlichen aus einer Erbschaft. Der Vater habe ihr das Geld "für schlechte Zeiten und Notfälle" gegeben. Nachdem das Jobcenter das Geld zurückverlangte, habe sie alles im Jahr 2008 ausgegeben, unter anderem habe sie Möbel und einen VW Golf gekauft. Die Klägerin hat sich außerdem geweigert, den Gerichten eine Entbindungserklärung vom Bankgeheimnis unter Angabe sämtlicher in der Vergangenheit und jetzt noch vorhandener Bankkonten auszustellen.

LSG: Grundsicherung zu Unrecht kassiert

Die Stuttgarter Richter gaben dem Jobcenter Recht. Die Klägerin hätte das Vermögen angeben müssen. Sie sei nicht hilfebedürftig gewesen, weshalb ihr keine Hartz-IV-Leistungen zugestanden hätten. Auch ein Härtefall lag nach Auffassung des LSG nicht vor. Denn nachdem sie selbst erklärt habe, dass das Vermögen ihr vom Vater "für schlechte Zeiten“ überlassen worden sei, hätte sie es zum Bestreiten des Lebensunterhalts in den "schlechten Zeiten“ ab Januar 2005 verwenden müssen.

Unmöglichkeit einer Plausibilitätsprüfung geht zu Lasten der Klägerin

Das muss ihr nach Ansicht des Gerichts auch klar gewesen sein. Zwar müsse an sich das Jobcenter bei einer nachträglichen Aufhebung und Rückforderung von Leistungen beweisen, dass die Leistungen zu Unrecht ausgezahlt worden sind. Dies gelte aber nicht, wenn bei der Antragstellung Sparguthaben verheimlicht worden sind mit der Folge der Erschwerung der Aufklärung in späteren Jahren oder wenn vollständige Kontenbewegungen nicht zugänglich gemacht werden mit der Folge der Unmöglichkeit einer Plausibilitätsprüfung. Dies alles gehe zu Lasten eines Leistungsempfängers.

LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2017 - L 7 AS 758/13

Redaktion beck-aktuell, 13. April 2017.

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