Von 35 Dienstwagen 28 festen Mitarbeitern zugeordnet
Die Unfallkasse Baden-Württemberg ist Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung unter anderem für Beschäftigte in Landes- und Gemeindeunternehmen sowie für Kapitalgesellschaften, an denen das Land oder Gemeinden mehrheitlich beteiligt sind. Laut Unfallkasse sind von derzeit 35 dienstlichen Fahrzeugen 28 einzelnen ihrer insgesamt 312 Mitarbeiter fest zugeordnet, wobei die Pkw auch privat genutzt werden dürften. Dabei verpflichte sich nach einer Vorstandsrichtlinie jeder berechtigte Mitarbeiter, dienstlich mindestens 6.000 km jährlich zu fahren. Ansonsten verliere er den Anspruch auf die Dienstwagennutzung.
Fahrtenbuch dokumentiert dienstliche und private Nutzung
Parallel hierzu könne jeder Dienstwagennutzer private Kilometer mit dem Fahrzeug zurücklegen, müsse aber mit einem Fahrtenbuch dienstliche und private Fahrten erfassen. Aus den gefahrenen Jahreskilometern würden dann die Kilometerkosten je Dienstfahrzeug ermittelt und anteilig auf die privaten und dienstlichen Kilometer verteilt. Jeder Dienstwagennutzer erstatte dann für die privat gefahrenen Kilometer seine Kosten gegenüber der Unfallkasse. Ihr Konzept zur Überlassung von Dienstwagen sei das wirtschaftlichste und kostensparendste aller Unfallversicherungsträger, so die Unfallkasse.
Aufsichtsbehörde moniert Dienstwagenregelung
Im März 2017 wies das Land Baden-Württemberg als zuständige Aufsichtsbehörde die Unfallkasse darauf hin, dass die im Rahmen einer Stellenausschreibung (für einen Abteilungsleiter Prävention) angebotene private Dienstwagennutzung nicht zu deren Aufgaben gehöre und gegen die Grundsätze der Wirtschaftlich- und Sparsamkeit verstoße. Das Land erließ sodann gegen die Kasse einen Bescheid, wonach diese künftig ihren Beschäftigten diejenigen personenbezogenen Dienstfahrzeuge nicht mehr zur Verfügung stellen dürfe, bei denen die Unwirtschaftlichkeit mangels ausreichender dienstlicher Nutzung offensichtlich sei. Außerdem soll die Unfallkasse laut Bescheid prüfen, ob stattdessen eine bevorzugte Nutzung von Pool-Fahrzeugen in Betracht komme.
Land sieht Verstoß gegen gesetzliche Vorgaben
Künftig seien personenbezogene Dienstfahrzeuge nur noch dann zu beschaffen, wenn von deren Wirtschaftlichkeit allein unter Zugrundelegung der dienstlichen Laufleistung, mindesten 90 Nutzungstagen und Kosten pro Kilometer im Rahmen der Wegstreckenentschädigung in Höhe von 0,35 Euro ausgegangen werden könne. Zur Begründung führte das Land aus, Betriebsmittel dürften nur für gesetzlich oder durch Satzung vorgesehene Aufgaben verwendet werden. Wenn Fahrzeuge wie von der Unfallkasse über das erforderliche Maß hinaus beschafft würden, widerspreche dies den gesetzlichen Vorgaben.
Verweis auf Treuhänderfunktion gegenüber Mitgliedern
Da die Unfallkasse gemäß ihrer Richtlinie bei personenbezogenen Fahrzeugen von lediglich 6.000 km dienstlicher Nutzung beziehungsweise 16.000 km Gesamtlaufleistung ausgehe, überschreite sie das Maß an zulässigen Beschaffungen schon dadurch, dass sie so eine überwiegend private Nutzung der personenbezogenen Fahrzeuge ermögliche, heißt es im Bescheid der Aufsichtsbehörde. Zudem sei eine rein dienstliche Jahreslaufleistung von nur 6.000 km unwirtschaftlich. Die Unfallkasse habe aufgrund ihrer Treuhänderfunktion gegenüber ihren Mitgliedern Verwaltungsaufgaben mit dem geringstmöglichen Aufwand zu bestreiten. Demnach müsse sich die Wirtschaftlichkeit eines Dienstfahrzeuges zwangsläufig ausschließlich aus der dienstlichen Nutzung und nicht erst in Kombination mit einer zusätzlichen privaten Nutzung ergeben.
Klage der Unfallkasse erfolglos
Die hiergegen gerichtete Klage der Unfallkasse hat das LSG mit der Begründung abgewiesen, die Unfallkasse habe durch die Zurverfügungstellung personenbezogener Dienstwägen und die unwirtschaftliche Nutzung ihres Fahrzeugbestandes ihr Selbstverwaltungsrecht überschritten. Denn auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes einer maßvollen Ausübung der Rechtsaufsicht bewege sich das Handeln der Unfallkasse nicht mehr im Bereich des rechtlich noch Vertretbaren. Sie habe sich vielmehr bei der Bedarfsermittlung an Dienstkraftwagen von sachfremden, nicht mehr vertretbaren Erwägungen leiten lassen, indem sie durch die Berücksichtigung von privaten Kilometern einen deutlich höheren Bedarf ermittelt und gedeckt habe.
Zu hohe Kosten für Dienstwägen verursacht
Die Unfallkasse überschreite auch ihren gesetzlichen Aufgabenbereich, indem sie die private Nutzung nicht nur erlaube, sondern nach ihrem eigenen Vorbringen zufolge sogar wünsche, um über die damit verbundene höhere Jahreslaufleistung der Dienstkraftfahrzeuge günstigere Leasingkonditionen erzielen zu können, so das LSG. Zum Aufgabenspektrum der Klägerin gehöre eindeutig nicht die Überlassung von mit Mitteln der Versichertengemeinschaft finanzierten Dienstfahrzeugen an ihre Mitarbeiter zur privaten Nutzung. Die Verfahrensweise der Unfallkasse führe dazu, so das Gericht, dass neben höheren Sachkosten für die Fahrzeuge auch Personalkosten für die Verwaltung und insbesondere für die Abrechnung des Fuhrparks generiert würden.
Wirtschaftlichkeitsmaßstab nicht ausreichend beachtet
Diese zusätzlichen Kosten seien letztlich von den Beitragszahlern zu tragen, stellte das Gericht fest und machte dazu folgende Rechnung auf: Die Unfallkasse habe nach eigenen Angaben mehr als 10% ihrer Mitarbeiter ein Kraftfahrzeug zur Verfügung gestellt (35 Kraftfahrzeuge bei 312 Mitarbeitern); hochgerechnet auf mehr als 300.000 Landesbeschäftigte müsste Baden-Württemberg bei gleicher Handhabe über 30.000 Kraftfahrzeuge beschaffen und seinen Bediensteten als Dienstwägen zur Verfügung stellen. Dies verdeutliche den außerordentlich hohen Umfang der dienstlichen Kraftfahrzeugflotte der Unfallkasse. Die Definition des Wirtschaftlichkeitsmaßstabes durch das Land in Höhe von 0,35 Euro je Kilometer orientiere sich auch zulässigerweise an den landesreisekostenrechtlichen Bestimmungen.