London: EuGH könnte auch nach Brexit gewissen Einfluß auf Großbritannien behalten

Großbritanniens Premierministerin Theresa May will dem Europäischen Gerichtshof nach dem Brexit eigentlich keinen Einfluss mehr in ihrem Land belassen. Das könnte sich in der Praxis aber als schwierig erweisen und die britische Regierung ist jetzt etwas von ihrer harten Haltung zur Rolle des EuGH nach dem EU-Austritt abgerückt, wie sich in einem am 23.08.2017 veröffentlichten Positionspaier zeigt.

EuGH-Rechtsprechung als Richtschnur denkbar

In dem Positionspapier heißt es zwar, die direkte Rechtsprechung des Gerichts in Großbritannien solle mit dem EU-Austritt enden. Die Regierung schloss aber nicht aus, dass Urteile des Gerichts auch künftig als Richtschnur für juristische Auseinandersetzungen mit Auswirkungen auf das Vereinigte Königreich herangezogen werden. Für ein künftiges Abkommen mit der EU will London, dass je nach Streitfall unterschiedliche Gremien entscheiden.

Nationale Gerichte sollen aber weit überwiegend zuständig sein

Hingegen erteilte London der Forderung Brüssels, dass Bürger und Unternehmen aus der EU in Großbritannien weiterhin ihre Rechte vor dem Gerichtshof in Luxemburg einklagen können, eine Absage. Stattdessen sollten nationale Gerichte zuständig sein. Um Konflikte zwischen der EU und Großbritannien zu lösen, könnten Gremien auf diplomatischer oder politischer Ebene berufen werden. Eine andere Möglichkeit seien Schiedsgerichte. London verwies auf entsprechende Vereinbarungen in Freihandelsabkommen zwischen der EU und Drittstaaten wie Kanada oder Vietnam.

Übergangsperiode bis zur völligen Abkehr vom EuGH nicht ausgeschlossen

Wer für die anfallenden Kosten für die neuen Gremien oder Schiedsgerichte aufkommen soll, geht aus dem Papier nicht hervor. Ebenso unklar ist, ob sich London während einer geplanten Übergangsperiode dem Europäischen Gerichtshof unterwerfen will, britischen Medien zufolge läuft es darauf hinaus. Premierministerin Theresa May hatte es zu einem der wichtigsten Ziele für den geplanten EU-Austritt erklärt, sich nicht länger dem Gericht in Luxemburg zu unterwerfen. Konservative britische Medien warfen ihr indes Wortbruch vor, Oppositionspolitiker sprachen von einem "Rückzieher“.

Weitere Vorschläge zum Brexit folgen

Das jetzt veröffentlichte Papier ist Teil einer Reihe von Dokumenten, die London in den vergangenen Wochen zu seiner Haltung in Sachen Brexit veröffentlicht hat. Die Gespräche mit Brüssel sollen in der kommenden Woche fortgesetzt werden. Bereits am 24.08.2017 sollen Vorschläge zum Datenschutz präsentiert werden. Die bisher vorgestellten Papiere bezeichnete die oppositionelle Labour-Partei als "vage und unverbindlich“. Sie sollten nur verschleiern, dass es keinen echten Fortschritt gebe.

Redaktion beck-aktuell, 24. August 2017 (dpa).

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