Lohn­kür­zun­gen nach BGH-Ur­teil: Be­triebs­rä­te kla­gen gegen Volks­wa­gen

Meh­re­re Be­triebs­rä­te von Volks­wa­gen weh­ren sich mit Kla­gen gegen Ge­halts­kür­zun­gen in Folge eines Ur­teils des Bun­des­ge­richts­ho­fes. In einem ers­ten Ver­fah­ren die­ser Art gab es ges­tern am Ar­beits­ge­richt Han­no­ver wie er­war­tet kei­nen Fort­schritt. "Ein Ver­gleich oder eine güt­li­che Ei­ni­gung wurde nicht er­zielt", sagte ein Ge­richts­spre­cher der dpa. Meh­re­re ähn­li­che Fälle sol­len in den kom­men­den Wo­chen Ar­beits­ge­rich­te be­schäf­ti­gen.

Streit um Ge­halts­kür­zung

Ge­gen­stand zum Auf­takt in der nie­der­säch­si­schen Lan­des­haupt­stadt ist ein An­trag eines Be­triebs­rats­mit­glieds von VW-Nutz­fahr­zeu­ge in Han­no­ver-Stö­cken. Nach An­ga­ben aus VW-Be­triebs­rats­krei­sen geht der Ar­beit­neh­mer­ver­tre­ter gegen eine Her­ab­stu­fung der Ent­gelt­stu­fe vor, die eine Re­du­zie­rung um rund 300 Euro brut­to pro Monat be­deu­tet. Er wehre sich auch gegen Rück­zah­lungs­for­de­run­gen in nied­ri­ger vier­stel­li­ger Höhe. Wenig über­ra­schend war Diens­tag schnell klar, dass es keine Ei­ni­gung geben wird. Mit der ge­schei­ter­ten Gü­te­ver­hand­lung geht das Ver­fah­ren jetzt wei­ter. Wie es aus dem Ge­richt hieß, sind zu­nächst ei­ni­ge ju­ris­ti­sche De­tail­fra­gen zu klä­ren, bevor es in­halt­lich in­ter­es­sant wer­den dürf­te. An den Ar­beits­ge­rich­ten in Braun­schweig und Emden sind ähn­li­che Ver­fah­ren von VW-Be­triebs­rä­ten an­hän­gig. In Han­no­ver ist nach An­ga­ben des Ge­richts­spre­chers ab­seh­bar, dass es nicht bei dem einen Fall bleibt.

BGH kipp­te Frei­sprü­che von VW-Ma­na­gern

Der BGH hatte An­fang die­ses Jah­res Frei­sprü­che für vier frü­he­re VW-Per­so­nal­ma­na­ger ge­kippt (NZA 2023, 301). Der Sechs­te Straf­se­nat stuf­te dabei in Leip­zig ein Ur­teil des Land­ge­richts Braun­schweig als lü­cken­haft ein, in dem es um die Be­zü­ge meh­re­rer lei­ten­der Volks­wa­gen-Be­triebs­rä­te ging - dar­un­ter Ex-Be­triebs­rats­chef Bernd Os­ter­loh. Im kon­kre­ten Fall ging es um die Frage, ob VW-Ver­ant­wort­li­che zwi­schen 2011 und 2016 un­an­ge­mes­sen hohe Ge­häl­ter und Boni für lei­ten­de Be­leg­schafts­ver­tre­ter ge­neh­migt hat­ten. Os­ter­loh etwa kam in man­chen Jah­ren auf mehr als 700.000 Euro. Die Staats­an­walt­schaft Braun­schweig erhob An­kla­ge wegen Un­treue. Das Land­ge­richt Braun­schweig konn­te kei­nen Vor­satz er­ken­nen und sprach die vier Per­so­nal­ma­na­ger frei - was der BGH wie­der auf­hob. Spä­ter ver­öf­fent­li­che der BGH De­tails zum Ur­teil. Dem­nach dür­fen "hy­po­the­ti­sche" An­nah­men über die wei­te­re Kar­rie­re eines Be­triebs­rats­mit­glieds al­lein kein Maß­stab für des­sen Be­zah­lung sein.

VW re­agiert auf Ur­teil – Ver­ständ­nis für Be­trof­fe­ne

VW nahm diese Ent­schei­dung des höchs­ten Straf­ge­richts zur Kennt­nis und kün­dig­te an, die Fest­stel­lun­gen zum Maß­stab der Be­triebs­rats­ver­gü­tung be­rück­sich­ti­gen. Spä­ter hieß es aus dem Kon­zern­um­feld, dass eine hö­he­re zwei­stel­li­ge Zahl von Be­triebs­rats­mit­glie­dern der VW AG von der engen Aus­le­gung des BGH be­trof­fen sei - und zwar über alle Ge­halts­stu­fen hin­weg. Um Än­de­run­gen komme man wohl nicht herum. Eine Ar­beits­grup­pe hatte sich auf die Be­grün­dung ein­ge­stellt und Ge­sprä­che mit den Be­triebs­rä­ten ge­führt. Es sei nach­voll­zieh­bar, dass die Be­trof­fe­nen Kla­gen und eine Klä­rung an­stre­ben, hieß es am Diens­tag aus dem Kon­zern.

Hof­fen auf Rechts­si­cher­heit, Plan­bar­keit und Ver­läss­lich­keit

Der nächs­te Ter­min mit ähn­li­chem Hin­ter­grund steht nach An­ga­ben des VW-Be­triebs­rats am Don­ners­tag (13.04.) ab 12.40 Uhr am Ar­beits­ge­richt Braun­schweig an. Dort geht es um einen Be­triebs­rat aus Salz­git­ter, der eben­falls gegen die Re­du­zie­rung sei­ner Ent­gelt­stu­fe und damit etwa 300 Euro brut­to im Monat we­ni­ger vor­geht. Nicht nur in den an­ste­hen­den Ver­fah­ren er­hof­fen sich beide Sei­ten Her­stel­lung von Rechts­si­cher­heit, Plan­bar­keit und Ver­läss­lich­keit. Auch Be­ob­ach­ter von außen haben in dem Zu­sam­men­hang die seit vie­len Jah­ren gel­ten­den recht­li­chen Be­stim­mun­gen als zu schwam­mig kri­ti­siert.

Redaktion beck-aktuell, Gitta Kharraz, 12. April 2023 (dpa).

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