Lieferketten und Menschenrechte: Studie zeigt Potential außergerichtlicher Beschwerdemechanismen

Eine vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebene und heute veröffentlichte Studie unterstreicht das Potential außergerichtlicher Beschwerdemechanismen für die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten durch Unternehmen im Rahmen globaler Lieferketten. Die Autoren der Studie plädieren dabei für einen unternehmensübergreifenden Ansatz.

Abhilfesystem bislang auf gerichtlichen Rechtsschutz fokussiert

Verstießen Wirtschaftsunternehmen gegen ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten, müsse für die Betroffenen ein effektiver Zugang zu Abhilfe gewährleistet sein, erläutert das Ministerium. Das Abhilfesystem solle nach den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte neben dem gerichtlichen Rechtsschutz auch außergerichtliche Beschwerdemechanismen umfassen. In den auf nationaler wie auf internationaler Ebene geführten Diskussionen liege der Fokus dabei in aller Regel auf dem gerichtlichen Rechtsschutz. Eine systematische Analyse des Potentials außergerichtlicher Mechanismen und eine wissenschaftlich fundierte Ausarbeitung von Gestaltungsmöglichkeiten hätten bisher gefehlt. Diese Lücke schließe die vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebene Studie, die von einer Forschungsgruppe der Europa-Universität Viadrina unter Leitung von Ulla Gläßer durchgeführt worden sei.

Studie zeigt Bedeutung außergerichtlicher Beschwerdemechanismen

Der Bericht der Forschungsgruppe bestätige die große Bedeutung niedrigschwelliger außergerichtlicher Beschwerdemechanismen in Ergänzung des gerichtlichen Rechtsschutzes und plädiere für einen unternehmensübergreifenden Ansatz. Aufbauend auf unter anderem Erkenntnissen aus der alternativen Streitbeilegung und der Verbraucherschlichtung, biete der Bericht praxisorientierte Leitlinien für die Institutionalisierung, Implementierung und Verfahrensgestaltung außergerichtlicher Beschwerdemechanismen für Opfer von Menschenrechtsverletzungen entlang globaler Lieferketten. Die Studie spreche sich für eine Regelung der Qualität und Effektivität außergerichtlicher Beschwerdemechanismen sowie für die Schaffung von Anreizen für die Institutionalisierung von und Mitwirkung an unternehmensübergreifenden Beschwerdemechanismen aus.

Justizstaatssekretärin: Anregung für mehr menschenrechtliche Verantwortung  

Justizstaatssekretärin Margaretha Sudhof erklärte, für die Ausgestaltung solcher unternehmensübergreifender Mechanismen mache die Studie praxistaugliche Vorschläge. Durch das Konzept "pick & choose" könnten Unternehmen diese als Hilfestellung in der Umsetzung des Sorgfaltspflichtengesetzes nutzen. Sie seien aber ausdrücklich auch als Anregung gedacht, größer zu denken und umfassende Mechanismen zu konzipieren, die als lernende Systeme mit dazu beitragen, dass Unternehmen ihrer menschenrechtlichen Verantwortung gerecht werden können.

Redaktion beck-aktuell, 20. September 2021.