LG Würzburg: Facebook muss Hetz-Beiträge nicht aktiv suchen und löschen

Facebook muss in seinem Netz weiterhin nicht aktiv nach rechtswidrigen Inhalten gegen einen Flüchtling suchen und diese löschen. Das hat das Landgericht Würzburg am 07.03.2017 entschieden. Der syrische Flüchtling Anas M., dessen Selfie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel für Hasskommentare und falsche Anschuldigungen missbraucht wurde, unterlag mit seinem entsprechenden Antrag auf eine Einstweilige Verfügung gegen den Internetriesen.

LG: Verleumdungen Dritter sind für Facebook fremde Inhalte

Er muss weiterhin selbst verleumderische Beiträge gegen ihn suchen und melden. Facebook habe sich die Verleumdungen von Dritten nicht zu Eigen gemacht und könne deshalb nicht zu einer Unterlassung gezwungen werden, begründete der Vorsitzende Richter der Ersten Zivilkammer sein Urteil. Facebook als Anbieter eines Internetdienstes müsse erst dann handeln, wenn rechtswidrige Inhalte gemeldet werden. Vorher blieben die Beiträge "fremde Inhalte der Nutzer des Portals", urteilte das Landgericht.

Feststellung einer Löschpflicht im Hauptverfahren noch möglich

Doch mit dem Prozess gegen Facebook ist trotz der Niederlage noch nichts endgültig entschieden. Auch das hat der Richter deutlich gemacht: Es bestehe nämlich durchaus grundsätzlich die Pflicht von Facebook entsprechende Beiträge zu suchen und zu löschen, wenn die Posts das Persönlichkeitsrecht schwer verletzen und "wenn es technisch ohne großen Aufwand realisierbar ist". Die Detailantworten auf diese Fragen könnten allerdings nicht in einem Eilverfahren gegeben werden, sondern gehörten in eine Hauptverhandlung mit Gutachter-Stellungnahmen. Anas M. könnte also durchaus weiter kämpfen und hätte vielleicht sogar Chancen auf Erfolg.

Anwalt sieht Gesetzgeber in der Pflicht

Zu dem Rechtsstreit gegen den US-Konzern war es gekommen, weil Anas M. auf verleumderischen Fotomontagen, die ihn zusammen mit Merkel zeigen, fälschlicherweise als Terrorist und Attentäter dargestellt wurde. Der rechtswidrige Beitrag wurde hundertfach geteilt. Der Flüchtling forderte deshalb von Facebook nicht nur den Originalbeitrag, sondern auch alle Duplikate zu löschen. Weil der Konzern das nicht gänzlich tat, klagte der Flüchtling. Dessen Anwalt, der Würzburger IT-Jurist Chan-jo Jun, sieht nun vor allem den Gesetzgeber in der Pflicht, weil Appelle an die Freiwilligkeit nicht ausreichten. Es müsse Unternehmen wie Facebook finanziell wehtun, geltendes Recht zu verletzen.

Redaktion beck-aktuell, 7. März 2017 (dpa).

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