LG Ulm: Schweizer Bank muss Drogerie-Unternehmer Müller Millionen zahlen

Das Landgericht Ulm hat die Schweizer Bank J. Safra Sarasin zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 45 Millionen Euro an den Drogerie-Unternehmer Erwin Müller verurteilt. Das Gericht bestätigte damit am 22.05.2017 die Forderung des 84-Jährigen, für Verluste durch falsche Beratung bei Investitionen in den hochriskanten Luxemburger Sheridan-Fonds entschädigt zu werden (Az.: 4 O 66/13).

Absicherung gegen Kapitalverlust war laut LG zugesagt

Die Bank müsse zudem Verzugszinsen zahlen und die Kosten des langwierigen Rechtsstreits tragen, befand das LG. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Milliardär Müller Opfer einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung geworden ist. Ihm sei offenkundig zugesagt worden, dass seine Einlagen gegen Kapitalverlust versichert wären, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Der Unternehmer hatte geltend gemacht, er sei über das umstrittene Geschäftsmodell des Fonds sowie über die damit verbundenen Risiken für seine private Millioneninvestition im Unklaren gelassen worden. Die Sarasin-Bank bestritt die Vorwürfe.

Bank wollte in Schweiz verhandeln

Sie kann noch gegen die Entscheidung des Gerichts vorgehen. Das Urteil erfolgte unter Anwendung deutschen Rechts. Zuvor hatte Sarasin vergeblich versucht, die Behandlung der Klage Müllers vor einem Gericht in Deutschland zu verhindern und ein Verfahren in der Schweiz angestrebt.

LG: Müller wusste nichts von Cum/Ex-Geschäften

Der öffentlichkeitsscheue Milliardär, dessen in Ulm ansässige Drogerie-Kette mehr als 750 Filialen in Deutschland und anderen Länder unterhält, ließ sich vor Gericht von Anwälten vertreten. Sie erklärten, Müller sei eine Rendite von 12% in Aussicht gestellt worden, wobei er jedoch nicht über das fragwürdige Geschäftsmodell des Fonds aufgeklärt worden sei. Über den Sheridan-Fonds wurden undurchsichtige Aktientransaktionen rings um die Stichtage für Dividendenzahlungen abgewickelt. Ein Gewinn sollte vor allem mit sogenannten Cum-Ex-Transaktionen erwirtschaftet werden, bei denen der deutsche Fiskus durch mehrfach beantragte Erstattungen auf nur einmal einbehaltene Kapitalertragssteuern geschröpft wurde. 

"Schmarotzer-Fonds" 2012 zusammengebrochen

Das Bundesfinanzministerium hatte alle derartigen Erstattungen 2012 grundsätzlich gestoppt. Der Gesamtschaden wird auf zwölf Milliarden Euro geschätzt. Der Sheridan-Fonds war nach dem Stopp zusammengebrochen, das von Anlegern eingezahlte Geld war weg. Müllers Anwalt sprach von einem illegalen "Schmarotzer-Fonds". Im Februar 2016 nahm ein von Linken und Grünen durchgesetzter Untersuchungsausschuss des Bundestages zu Cum/Ex-Geschäften die Arbeit auf.

LG Ulm, Entscheidung vom 22.05.2017 - 4 O 66/13

Redaktion beck-aktuell, 22. Mai 2017 (dpa).