Prüfungsverband haftet Eventus-Anlegern nicht auf Schadenersatz

Das Landgericht Stuttgart hat 15 Schadenersatzklagen geschädigter Anleger der insolventen Wohnungsgenossenschaft Eventus gegen den genossenschaftlichen Prüfungsverband vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen abgewiesen. Denn jedenfalls seien die von den Anlegern gerügten Prüfungen nicht kausal für ihre Beteiligungsentscheidungen gewesen.

vbw hatte positive Eventus-Prüfungen erstellt

Die Kläger haben sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten als investierende Mitglieder an der Eventus eG beteiligt. Der vbw Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen ist der genossenschaftliche Prüfungsverband, dem die Eventus eG angehörte. Im Rahmen der registergerichtlichen Gründungsprüfung (§ 11 Abs. 2 Nr. 3 GenG) erstellte der vbw am 08.08.2012 eine gutachterliche Äußerung über die in Gründung befindliche Eventus eG und führte dabei aus, eine Gefährdung der Belange der Mitglieder oder der Gläubiger der Eventus eG sei "aus heutiger Sicht nicht zu besorgen". In der Folgezeit war der vbw mit der genossenschaftlichen Geschäftsprüfung der Eventus eG befasst und berichtete über die Prüfung der Geschäftsjahre 2012/2013 und 2014. Am 27.12.2017 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Eventus eG eröffnet. Der vormalige Vorstandsvorsitzende der Eventus eG wurde mittlerweile unter anderem wegen Betrugs zum Nachteil investierender Mitglieder der Eventus eG zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. 

Anleger begehrten vom vbw Schadenersatz

Die Kläger nahmen den vbw, einen vormals für den vbw tätigen Wirtschaftsprüfer sowie ein vormaliges Vorstandsmitglied des vbw auf Schadenersatz in Anspruch. Sie warfen dem vbw vor, die gutachterliche Äußerung vom 08.08.2012 sei in vorsätzlicher Weise fehlerhaft gewesen. Das Geschäftsmodell der Eventus eG sei von Anfang an offensichtlich nicht tragfähig und die spätere Insolvenz der Eventus eG damit vorprogrammiert gewesen. Bei pflichtgemäßem Verhalten des vbw wäre die Eventus eG schon nicht ins Genossenschaftsregister eingetragen worden und die Klageparteien hätten ihr dann nicht beitreten können. Auch die späteren Geschäftsprüfungen seien auf vorsätzliche Weise fehlerhaft gewesen. Bei pflichtgemäßer Prüfung wäre das von der Eventus eG betriebene Schneeballsystem sehr viel früher beendet worden.  

LG: Prüfungsergebnisse für Beteiligungsentschluss nicht kausal

Das LG hat die Klagen abgewiesen. Laut Kammer kommt allein ein Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB in Betracht. Es könne jedoch offengelassen werden, ob die Gründungsprüfung sowie die späteren Geschäftsprüfungen der Eventus eG auf eine Weise fehlerhaft waren, die den Vorwurf vorsätzlichen sittenwidrigen Handelns trage. Auch wenn dies zugunsten der Klageparteien unterstellt werde, könnten die Klageparteien keinen Schadenersatz wegen ihrer Entscheidung fordern, sich als investierende Mitglieder an der Eventus eG beteiligt zu haben. Nachdem die gutachterliche Äußerung im Gründungsverfahren und die späteren Prüfungsberichte unstreitig weder veröffentlicht noch den Klageparteien auf sonstige Weise bekannt geworden seien, fehle es jedenfalls an der konkreten Kausalität dieser Prüfungsergebnisse für den Beteiligungsentschluss der Klageparteien. 

Nachweis konkreter Kausalität erforderlich

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei der Nachweis eines konkreten Kausalzusammenhangs zwischen dem Arbeitsergebnis eines Prüfers und der Kapitalanlageentscheidung des Geschädigten erforderlich, um Ansprüche aus § 826 BGB geltend machen zu können. Eine generelle Kausalität in dem Sinne, dass die Eventus eG bei pflichtgemäßer Prüfung schon gar nicht ins Genossenschaftsregister eingetragen worden wäre und sich die Klageparteien dann nicht an diesem Geschäftsmodell beteiligt hätten, genüge dafür nicht. Erforderlich sei vielmehr der Nachweis konkreter Kausalität im Hinblick auf den Willensentschluss des geschädigten Anlegers, an welchem es hier mangels Kenntnis der Klageparteien von den Arbeitsergebnissen der Beklagten fehle. Der von den Klageparteien geltend gemachte Umstand, dass die Eintragung der Eventus eG im Genossenschaftsregister veröffentlicht worden sei und Anleger aus der Registereintragung hätten schließen können, ein Prüfungsverband habe im Rahmen der Gründungsprüfung eine positive Einschätzung abgegeben, reiche für den Nachweis einer konkreten Kausalität nicht aus, zumal das Registergericht an das Votum des Prüfungsverbands nicht gebunden sei.

Beteiligung auch teilweise schon vor Stellungnahme und Registereintragung

In einigen Fällen könne die Prüfungstätigkeit der Beklagten für die Entscheidung der Klageparteien, sich an der Eventus eG zu beteiligen, überdies schon deshalb nicht kausal geworden sein, weil sich manche der Kläger zu einem Zeitpunkt an der Eventus eG beteiligt hätten, als diese noch gar nicht ins Genossenschaftsregister eingetragen worden war – teilweise sogar zu einem Zeitpunkt, als der vbw gegenüber dem Registergericht noch gar keine gutachtliche Stellungnahme abgegeben hatte. 

Redaktion beck-aktuell, 29. Juni 2022.