Es könne durchaus sein, dass der Angeklagte die Polizistin sexuell genötigt habe, aber das lasse sich nicht abschließend feststellen. Im Zweifel müsse für den Angeklagten entschieden werden.
Damit endet zumindest vorläufig ein Verfahren, das bis in höchste Kreise von Polizei und Landespolitik für Aufregung sorgte. Es ging um mutmaßlichen Machtmissbrauch bei der Polizei, um mögliche Karrierevorteile und eine Kneipennacht im November 2021.
Mehrstündige Videoaufnahme wirft Fragen auf
Die Anzeigenerstatterin hatte den Spitzenbeamten beschuldigt, sie vor der Gaststätte dazu gedrängt zu haben, seinen Penis anzufassen. Davor und danach waren die beiden in der Kneipe beim Austausch von Zärtlichkeiten von einer Überwachungskamera über der Theke gefilmt worden. Die Polizistin wollte zu dem Zeitpunkt eine Karriere im höheren Dienst, er hatte ihr Unterstützung zugesagt.
Eine wesentliche Rolle bei dem Urteil spielte die mehrstündige Aufnahme des Kneipenabends, die in voller Länge vor Gericht abgespielt worden war. Was die Angeklagte in der ersten polizeilichen Vernehmung über den Abend berichtet habe, widerspreche ihren Aussagen, die sie nach der Ansicht der Videoaufnahmen im Gericht erzählt habe, so der Richter. Das mache ihre Aussagen unglaubwürdig.
Die Anzeigenerstatterin habe zunächst geschildert, dass sie Ekel empfunden habe, als der Inspekteur ihr von seinen Vorlieben erzählt habe. Aber auch nach der Rückkehr von draußen, als sich die Tat ereignet haben soll, hätten die beiden auf der Aufnahme einvernehmlich weiter geschmust, so der Richter.
Unruhe im Gericht
Die Zuschauer im Saal stöhnten mehrfach bei der Urteilsverkündung auf und äußerten ihr Unverständnis, der Richter musste mehrfach seine Urteilsbegründung unterbrechen und Ruhe anmahnen. Die Verteidigerin des Inspekteurs beschuldigte die Presse im Anschluss vor dem Gerichtssaal der einseitigen Berichterstattung über ihren Mandanten.
Die Staatsanwaltschaft hatte wegen sexueller Nötigung eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten und eine Geldauflage in Höhe von 16.000 Euro gefordert. Nun erwartet den vom Dienst freigestellten Inspekteur noch ein Disziplinarverfahren.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte bereits öffentlich verkündet, dass er sich eine Rückkehr des Inspekteurs ins Amt nur schwer vorstellen könne - unabhängig vom Ergebnis des Gerichtsprozesses.