Geiselnahme im Gefängnis: Nochmal sieben Jahre Haft für Halle-Attentäter

Wegen des rassistischen und antisemitischen Anschlags von Halle wurde der Attentäter schon zur Höchststrafe verurteilt. Jetzt ist er vom LG Stendal wegen Geiselnahme im Gefängnis Burg zu einer weitern Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden.

Wegen des rassistischen und antisemitischen Anschlags nahe der Synagoge in Halle am 09.10.2019 hatte der 32 Jahre alte Stephan Balliet bereits 2020 lebenslang mit anschließender Sicherungsverwahrung erhalten. Damals hatte er versucht, die Synagoge von Halle zu stürmen und ein Massaker anzurichten. Als es ihm nicht gelang, ermordete er nahe der Synagoge zwei Menschen.

Im aktuellen Prozess, der in Magdeburg in einem Hochsicherheitssaal stattfand, wirkte der Angeklagte weitgehend emotionslos. Die Vorsitzende Richterin Simone Henze-von Staden sprach von erheblicher krimineller Energie des Angeklagten, der in der Haft aus diversen Alltagsgegenständen einen Schussapparat gebastelt hatte. Nacheinander soll er zwei Bedienstete als Geiseln genommen haben. Als er nachts am 12.12.2022 in seiner Zelle eingeschlossen werden sollte, soll er von einem Bediensteten gefordert haben, ihm Türen und Tore Richtung Freiheit zu öffnen. Der Häftling sei als gefährlich bekannt gewesen und habe zu schießen gedroht. Er habe auch einen Countdown heruntergezählt sowie einen Warnschuss abgegeben. Die Tat habe er schließlich beendet, als klar geworden sei, dass sich die Tore Richtung Freiheit schließlich doch nicht öffnen würden.

Die Vorsitzende Richterin verwies in der Urteilsbegründung (Urteil vom 27.02.2024 - 501 KLs 8 / 23) auf ein Gutachten, das zu dem Schluss kam, dass der 32-Jährige ein psychisch schwer gestörter Mensch sei. Er habe sich im Prozess empathielos gezeigt und lediglich größeres Interesse an den Kameramitschnitten der JVA gehabt, so die Richterin. Zudem habe er deutlich gemacht, dass er sein Ziel in Freiheit zu gelangen, nicht aufgegeben habe. Die beiden Geiseln seien zwar nicht körperlich verletzt worden. Sie hätten aber psychische Schäden erlitten, sagte die Vorsitzende Richterin. Im Adhäsionsverfahren hat das Gericht daher einer der Geiseln 8.000 Euro Schmerzensgeld, der anderen 15.000 Euro plus Verdienstausfall zugesprochen. Den beiden Männern sei keine Mitschuld an der Geiselnahme zuzurechnen.

Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg hatte in dem Prozess eine neunjährige Haftstrafe für den 32-Jährigen gefordert sowie eine anschließende Sicherungsverwahrung. Der Verteidiger verzichtete in seinem Plädoyer darauf, ein Strafmaß zu fordern. Das Gericht verhängte keine Sicherungsverwahrung. Der Angeklagte befinde sich ohnehin in zeitlich unbeschränkter Haft. Dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit sei damit nachgekommen.

LG Stendal, Urteil vom 27.02.2024 - 501 KLs 8 / 23

Redaktion beck-aktuell, ak, 27. Februar 2024 (dpa).