LG Saarbrücken schätzt Liegestützen auf Altar als Kunst ein

Wer auf den Altar einer katholischen Kirche klettert, darauf 28 Liegestütze macht und einen Videofilm der Aktion öffentlich zeigt, macht sich nicht wegen Störung der Religionsausübung strafbar. Zu dieser Einschätzung ist am 10.07.2017 das Landgericht Saarbrücken in einem Berufungsprozess gekommen. Es hob damit das Urteil des Amtsgerichts vom Januar 2017 gegen den Videokünstler Alexander Karle auf, der für diese Aktion zu einer Geldstrafe von 700 Euro verurteilt worden war. Anders als die Staatsanwaltschaft und das AG betrachtete das LG die Aktion von Karle (39) als Ausübung seiner künstlerischen Tätigkeit und nicht als "beschimpfenden Unfug".

LG: Zumindest beschimpfender Charakter fehlt

"Kunst ist das, was der Künstler als Kunst bezeichnet", erklärte Richter in seiner Begründung, "und es steht uns nicht an, Herrn Karle das abzusprechen" – ungeachtet dessen, ob diese Kunst gefalle oder provoziere. Bei der Aktion möge es sich zwar um Unfug gehandelt haben, aber es fehle in jedem Falle "der beschimpfende Charakter". Karle sei "dezent, ruhig und zurückhaltend" vorgegangen.

Verwarnung wegen Hausfriedensbruchs

Allerdings habe sich der Angeklagte, als er im Januar 2016 über eine Kordel in den Altarraum der katholischen Basilika St. Johann stieg, des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht. Dies sei auch nicht durch die Kunstfreiheit gedeckt. Deshalb sprach das Gericht eine Verwarnung aus, zudem erhielt Karle die Auflage, 500 Euro an eine Caritas-Jugendeinrichtung zu zahlen, und eine weitere Strafe von 500 Euro, falls er gegen die Bewährung verstoßen sollte.

Pastor von Urteil enttäuscht

"Der Richter hat sehr weise entschieden", kommentierte Alexander Karle das Urteil. Pastor Eugen Vogt, der seinerzeit Anzeige gegen den Künstler erstattet hatte, zeigte sich enttäuscht. Nach wie vor halte er die Aktion für "ein grob ungehöriges und missachtendes Verhalten". Im Gegensatz zu seiner Meldung von vergangener Woche, dass es sich bei seinem Film "Pressure to Perform" ("Leistungsdruck") nur um eine Videomontage gehandelt habe, blieb der Künstler am 10.07.2017 vor Gericht bei seinem Geständnis vom ersten Prozess. "Ich wollte nur zeigen, wie widersprüchlich das Thema ist, was fiktiv oder real ist", begründete er auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur.

LG Saarbrücken, Entscheidung vom 10.07.2017

Redaktion beck-aktuell, Katja Sponholz, 10. Juli 2017 (dpa).

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