K. O.-Tropfen als gefährliches Werkzeug bei einer Vergewaltigung?

Wer heimlich eine andere Person mit K. O.-Tropfen widerstandsunfähig macht, um sie sexuell zu missbrauchen, setzt nach Ansicht des LG Saarbrücken ein gefährliches Werkzeug ein. Die Einordnung als besonders schwerer Fall nach § 177 Abs. 8 StGB ist nach wie vor umstritten.

Ein Mann gab seiner Angestellten ein heimlich mit K. O.-Tropfen versetztes alkoholhaltiges Getränk. Nachdem sie in einen komaähnlichen Schlaf gefallen war, entkleidete er sie, machte Fotos von ihrem Intimbereich und penetrierte sie. Anschließend ließ er sie eine halbe Stunde allein im Auto. Das Landgericht Saarbrücken verurteilte ihn unter anderem wegen dieser Tat zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und zwei Monaten (Urteil vom 31.03.2023 – 3 KLs 35/22, BeckRS 2023, 26924). Dabei bewertete es die Verabreichung der Droge als "Verwenden eines gefährlichen Werkzeugs" im Sinn des § 177 Abs. 8 Nr. 1 Alt. 2 StGB.

Das Gericht sah den Tatbestand der besonders schweren Vergewaltigung erfüllt, weil er "bei der Tat ein anderes gefährliches Werkzeug" in Gestalt des Gamma-Butyrolacton (GBL) verwendete. Dieser frei erhältliche Felgen- und Industriereiniger habe die Geschädigte nicht nur in einen komatösen Zustand verbracht, sondern sie auch wegen drohender Erstickungs- und Herzstillstandsgefahr erheblichen Gesundheitsrisiken ausgesetzt.

Umstritten: Felgenreiniger ein gefährliches Werkzeug?

Während sich das LG damit in guter Gesellschaft mit einer Entscheidung des 2. Strafsenat des BGH (Beschluss vom 20.4.20172 StR 79/17, BeckRS 2017, 113350) befand, hatte beispielsweise der 4. Strafsenat (NStZ 2009, 505) die Tropfen zuvor nicht als gefährliches Werkzeug eingestuft. Die daraus folgende Strafandrohung bei dem auch vom 5. Strafsenat angenommenen Tatbestand der schweren Vergewaltigung (Beschluss vom 24.5.2016 – 5 StR 163/16, BeckRS 2016, 10820) wäre mit einer Mindeststrafe von drei Jahren erheblich niedriger als in der von dem LG bevorzugten Variante mit fünf Jahren. Da der Täter seine Revision zurückgenommen hat, wird der hier zuständige 6. Strafsenat des BGH selbst nicht mehr darüber entscheiden.

Die Saarbrücker Richterinnen und Richter begründen ihre Ansicht zunächst mit dem Wortlaut. Der Begriff des Werkzeugs sei auch als Synonym für "Gegenstand" zu verstehen, worunter man auch betäubende Substanzen fassen könne. Außerdem habe der Gesetzgeber in seiner Begründung Salzsäure als Beispiel für ein gefährliches Werkzeug benannt. Auch der Zweck der Norm spricht nach Ansicht des LG für diese Einordnung, weil die Gesundheit und das Leben der Geschädigten geschützt werden sollen. Die heimliche Beibringung des Felgenreinigers sei gefährlicher und eingriffsintensiver als etwa das Vorhalten eines Messers als bloßes Drohinstrument. Die Richterinnen und Richter verglichen die Nutzung des GBL auch mit dem heimtückischen Niederschlagen einer Person mit einem Knüppel mit nachfolgender Bewusstlosigkeit, der in jedem Fall von dem Qualifikationstatbestand erfasst werde. 

Redaktion beck-aktuell, rw, 10. Oktober 2023.