Die Eigentümerin eines Pferdes hatte mit einer erfahrenen Reiterin einen Reitbeteiligungsvertrag geschlossen, der pauschal jegliche Haftung der Tiereignerin ausschloss, soweit sie nicht von der Tierhalterhaftpflichtversicherung abgedeckt war. Im Jahr 2017 war die Reiterin auf dem ihr bereits vertrauten Tier in einem Waldgebiet unterwegs, wobei sich der Vierbeiner, so das AG Homburg in erster Instanz, aus einem unerklärlichen Grund erschrak. Daraufhin ging das Pferd in schnellen Galopp über, stürmte auf eine Hecke zu und vollzog dann eine scharfe Wendung. Dadurch stürzte die Reiterin zu Boden und fiel auf die rechte Schulter.
Die Krankenkasse der Frau forderte anschließend die erstatteten Behandlungskosten von der Eigentümerin zurück. "Aufgrund der im Unfallzeitpunkt vorherrschenden Fliehkräfte und der Geschwindigkeit des Pferdes wäre die Versicherungsnehmerin auch bei Beachtung jedweder Sorgfalt vom Pferd gestürzt", argumentierte die Krankenkasse vor Gericht. Bislang sei dies ein zuverlässiges Ross gewesen und regelmäßig gepflegt worden.
Im Gegensatz zum Homburger AG sprach das LG Saarbrücken der gesetzlichen Krankenkasse rund 4.000 Euro zu (Urteil vom 11.04.2024 – 13 S 74/23). Der generelle Haftungsausschluss in dem Vertrag verstoße gegen die Vorschriften für Allgemeine Geschäftsbedingungen. Denn nach § 309 Nr. 7 Buchst. a BGB, der auch für unerlaubte Handlungen sowie bei der Gefährdungshaftung gelte, sei eine Klausel unwirksam, wenn darin "ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen", vorgesehen sei.
"Klauseln zum Haftungsausschluss unwirksam"
Obendrein habe der Kontrakt § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB verletzt. "Danach ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen, unwirksam", heißt es in dem Urteil weiter.
So haftete die Eigentümerin aus § 833 S. 1 BGB, nach dem ein Tierhalter zahlen muss, sofern die Verletzung das Resultat einer tierspezifischen Gefahr ist: "Durch das Erschrecken und Losstürmen des Pferdes und den hierdurch verursachten Sturz der Versicherungsnehmerin hat sich die spezifische Tiergefahr verwirklicht." Für ein Mitverschulden der Reiterin, das die Haftung der Eigentümerin hätte mindern können (§ 254 BGB), gab es aus Sicht des LG keinen Anhaltspunkt. "Eine Bremsung des Pferdes mit den Zügeln sei nicht erfolgreich gewesen und eine Wendung aufgrund der örtlichen Begebenheiten unmöglich", habe die Vorinstanz festgestellt. Und für ein Mitverschulden ist der Tierhalter, bzw. die Tierhalterin beweispflichtig.
"Keine bewusste Eigengefährdung"
Auch einen "Haftungsausschluss wegen Handelns auf eigene Gefahr" verneinten die Landrichterinnen und -richter. Die liege nur vor, wenn sich der Geschädigte bewusst "in eine Situation drohender Eigengefährdung" begeben habe. "Nur bei derartiger Gefahrexponierung kann von einer bewussten Risikoübernahme mit der Folge eines vollständigen Haftungsausschlusses für den Schädiger ausgegangen werden. Bei der Tierhalterhaftung hat der BGH eine vollständige Haftungsfreistellung auch des Tierhalters unter dem Gesichtspunkt des Handelns auf eigene Gefahr nur in eng begrenzten Ausnahmefällen erwogen", schreiben sie.
An einer weiteren Vorschrift ließ das LG die Verantwortung der Eigentümerin ebenso wenig scheitern. Nach § 834 S. 2 BGB haftet ein sogenannter Tieraufseher für einen von ihm verursachten Schaden nicht, "wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde". Wer per Vertrag die Obhut übernommen habe, müsse zwar die Vermutung gegen sich gelten lassen, dass er den Schaden schuldhaft verursacht hat – sonst könne ihn zumindest ein Mitverschulden treffen. Ob das in der hier vorliegenden Konstellation zutraf, ließ das Gericht aber offen – der zugrunde liegende Vertrag verstoße ja ohnehin gegen die AGB-Vorschriften. Ein anderes Argument ließen die Richter ebenfalls nicht gelten: Der Reitbeteiligungsvertrag war zwar ursprünglich für ein anderes Pferd geschlossen worden, das mittlerweile verstorben war. Doch beziehe er sich auch auf das nun durchgegangene Tier.