Angeklagten wurde Missbrauch mehrerer Kinder vorgeworfen
Laut Jugendgerichtsgesetz (JGG) kann ein Jugendlicher nur verurteilt werden, wenn seine geistige Entwicklung dies zulässt. Voraussetzung ist, dass er das Unrecht seiner Taten einsieht und danach handelt. Die Anklage hatte ihm sexuellen Missbrauch mehrerer Kinder vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft hatte sich nach Angaben des Verteidigers des 17-Jährigen für eine Freiheitsstrafe auf Bewährung unter der Auflage ausgesprochen, dass der Jugendliche seine Therapie fortsetzt. Dem folgten die Richter nun nicht.
Opfer wurde selbst zum Täter
Der 17-Jährige, der jetzt freigesprochen wurde, war unter den Opfern der beiden bereits verurteilten Haupttäter. Laut Staatsanwaltschaft wurde der Jugendliche später selbst zum Täter. Sein Verteidiger hatte vor dem LG Paderborn die in der Anklage beschriebenen Taten eingeräumt. Die Kammer verwies auf die Umstände und das Ausmaß des vorhergehenden sexuellen Missbrauchs des Angeklagten durch einen der Lügde-Täter. Sie betonte, dass es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, die nicht auf andere Fälle übertragbar sei. Alle Verhandlungstage fanden zum Schutz des Jugendlichen, der aus Ostwestfalen stammt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das galt auch für die Urteilsverkündung.
Begonnene Therapie soll fortgesetzt werden
Der Anwalt des 17-Jährigen hatte auf Freispruch plädiert. Der Verteidiger hatte sich bereits zum Prozessauftakt dafür ausgesprochen, dass sein Mandant eine begonnene Therapie nach einem Urteil fortsetzen kann. Die Therapie werde noch zwei bis drei Jahren dauern, sagte Rechtsanwalt Thorsten Fust über seinen Mandanten.
Langjährige Haftstrafen für Hauptangeklagte
Im Missbrauchsfall Lügde hatten zwei Männer auf einem Campingplatz an der Grenze zu Niedersachsen über Jahre zahlreiche Kinder zum Teil schwer sexuell missbraucht. Das Landgericht Detmold hatte die beiden im September zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.