Versicherer muss nach Feuer in Restaurant nicht zahlen

Eine Versicherungsnehmerin verletzt vorsätzlich ihre Mitwirkungspflichten zur Aufklärung des Schadensfalls, wenn sie nach einem Restaurant-Brand nicht unverzüglich alle zulässigen Fragen ihres Versicherers beantwortet. Dies hat das Landgericht Osnabrück am Mittwoch klargestellt. Die Klage der Insolvenzverwalterin der Restaurantbetreiberin gegen den Versicherer auf Leistungen aus der bestehenden Sachversicherung bleibt damit erfolglos.

Schaden mit circa 640.000 Euro beziffert

Am 15.01.2018 wurde durch das Feuer die Inneneinrichtung des Restaurants erheblich beschädigt. Der Schaden wurde durch einen von der Versicherungsnehmerin beauftragten Sachverständigen mit circa 640.000 Euro beziffert. Es bestand der Verdacht der vorsätzlichen Brandlegung. In einem Strafverfahren vor dem Amtsgericht Osnabrück wurde ein Dritter, der der Brandlegung verdächtigt wurde, allerdings freigesprochen. Die Versicherungsnehmerin zeigte gegenüber ihrem Versicherer den Vorfall unmittelbar an, welcher ihr mit Schreiben vom 06.03.2018 zur weiteren Bearbeitung des Vorgangs einen Katalog mit 20 Fragen übersandte. Erst mit Schreiben vom 01.08.2018 beantwortete ein Rechtsanwalt die Fragen des Versicherers.

Versicherer: Aufklärungs- und Mitwirkungsobliegenheit nicht nachgekommen

Da nach Auffassung des Versicherers die Fragen teilweise nicht und teilweise unvollständig beantwortet worden waren, setzte er seiner Versicherungsnehmerin eine Frist zur ergänzenden Beantwortung. Er wies auf die Regelung zu § 28 Abs. 2 VVG hin, wonach eine Leistungskürzung oder eine Ablehnung der Einstandspflicht möglich ist, wenn der Versicherungsnehmer seiner Mitwirkungspflicht zur Aufklärung des Schadensfalls nicht nachkommt. Eine weitergehende Beantwortung der Fragen erfolgte nicht. Unter dem 21.11.2018 wurde die Deckung des Schadens abgelehnt.

Grundsatz "nemo tenetur" gilt nicht

Auch nach Ansicht des Gerichts ist die Versicherungsnehmerin vorsätzlich ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Sie habe nicht unverzüglich die zulässigen Fragen ihres Versicherers beantwortet. Eine Frage an den Versicherungsnehmer sei zulässig, wenn die Beantwortung für die Einschätzung des Versicherers, ob eine Einstandspflicht bestehe, von Relevanz sein könnte. Nicht erforderlich sei, dass die Beantwortung sich tatsächlich als wesentlich erweise. Auch habe die Versicherungsnehmerin Angaben zu machen, durch die sie sich selber belasten könnte. Der im Strafrecht geltende Grundsatz "nemo tenetur", wonach sich niemand selbst zu belasten brauche, gelte im Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer nicht. Die Versicherungsnehmerin habe auch vorsätzlich gehandelt, da für sie aufgrund der Nachfrage des Versicherers erkennbar gewesen sei, dass die von ihrem Bevollmächtigen erteilten Auskünfte im Jahr 2018 nicht ausreichend gewesen seien. Ferner sei zu berücksichtigen, dass die Versicherungsnehmerin nach der Aufforderung des Versicherers, die Fragen ergänzend zu beantworten, weitere drei Monate Zeit gehabt habe, dieser Aufforderung nachzukommen. Dieser Zeitraum lasse nur den Rückschluss zu, dass die Versicherungsnehmerin die Fragen nicht vollständig und nicht zutreffend beantworten wollte.

Vorsatz zur Beeinflussung des Versicherungsfalls bejaht

Der Versicherungsnehmerin sei auch bewusst gewesen und sie habe es auch gewollt, dass die fehlende beziehungsweise unzureichende Beantwortung der Fragen Einfluss auf die Feststellung des Versicherungsfalls beziehungsweise den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers habe oder haben könnte. Hierbei sei nach Auffassung der Kammer zu berücksichtigen, dass der Verdacht der vorsätzlichen Brandlegung im Raum gestanden habe und auch gegen eine Person im näheren Umfeld der Versicherungsnehmerin ermittelt worden sei. Die Versicherungsnehmerin habe durch die unzureichende Beantwortung der Fragen versucht, den Verlust ihres Leistungsanspruches zu minimieren. Ob die Verletzung der Mitwirkungspflicht für die Feststellung der Einstandsplicht beziehungsweise des Umfangs des Schadensfalls ursächlich sei, könne daher dahinstehen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

LG Osnabrück, Urteil vom 24.05.2023 - 9 O 3254/21

Redaktion beck-aktuell, 26. Mai 2023.