LG Osnabrück: Stadt muss für Bombenräumung auf Verdacht zahlen

Die Betreibergesellschaft der Eissporthalle in Osnabrück kann von der Stadt Entschädigung für eine Bombenräumung verlangen, wenn sich nachträglich herausgestellt hat, dass von der beseitigten Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gar keine Gefahr ausging. Dies hat das Landgericht Osnabrück mit Urteil vom 29.03.2018 entschieden (Az.: 5 O 2410/17).

"Zerscheller" unter Eisbahn gefunden

Aufgrund von Lichtbildern über Bombenabwürfe bestand der Verdacht, dass auf dem Grundstück der Eissporthalle in Osnabrück zwei Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg liegen könnten. Als zuständige Gefahrenabwehrbehörde wandte sich die Stadt Osnabrück in Zusammenarbeit mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst an die Betreibergesellschaft der Eissporthalle. Auf der Eisfläche wurden an zwei Verdachtsstellen jeweils 19 Bohrungen vorgenommen. Nach Ortung eines Metallgegenstandes wurde ein 4 mal 2 Meter großes Loch auf der Eislauffläche gegraben. Es stellte sich heraus, dass es sich bei dem Metallgegenstand um einen sogenannten "Zerscheller" handelte, also eine Bombe, die beim Aufprall zerbrochen und allenfalls teilweise detoniert ist. Der Zünder war vom Bombenkörper abgetrennt.

Beklagte stellte Gegenforderung in Höhe von 88.488 Euro

Mit ihrer Klage nahm die Stadt Osnabrück die Betreibergesellschaft der Eissporthalle als Beklagte auf Zahlung von Erbbauzinsen in Anspruch. Diesem Anspruch setzte die Beklagte Gegenforderungen in Höhe von 88.488 Euro entgegen. Diese Kosten seien nach der Bombenräumung angefallen, um den ursprünglichen Zustand der Eisfläche wieder herzustellen.

LG schließt sich BGH-Rechtsprechung an

Der Beklagten steht nach Auffassung des Gerichts ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 18.570,96 Euro zu. Wenn sich ein ursprünglich bestehender Gefahrenverdacht nach Durchführung der Gefahrerforschungsmaßnahme nicht bestätige, könne der sogenannte Verdachtsstörer für dadurch erlittene Nachteile Entschädigung verlangen. Der Verdachtsstörer erbringe ein Sonderopfer für die Allgemeinheit, um die vermeintliche Gefahr zu beseitigen. Dieses Sonderopfer müsse durch Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs ausgeglichen werden. Der in § 80 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) geregelte Entschädigungsanspruch erfasse den Verdachtsstörer von seinem Wortlaut her zwar nicht. Allerdings weise das Landesrecht Niedersachsens insoweit eine planwidrige Regelungslücke auf, weswegen die Vorschrift auch auf den Verdachtsstörer analog anzuwenden sei. Gleiches habe der Bundesgerichtshof bereits für das Landesrecht Nordrhein-Westfalens anerkannt.

Aufrechnung erfolgreich

Daher muss sich die Stadt, die die Betreibergesellschaft der Eissporthalle auf Zahlung von Erbbauzinsen in Anspruch genommen hat, hierauf eine Gegenforderung in Höhe von 18.570,96 Euro anrechnen lassen. In dieser Höhe sei der geltend gemachte Anspruch durch Aufrechnung erloschen. Darüber hinaus gehende Ansprüche der Betreibergesellschaft seien aber verjährt, entschied das Gericht.

LG Osnabrück, Urteil vom 29.03.2018 - 5 O 2410/17

Redaktion beck-aktuell, 29. März 2018.

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