Schmerzensgeld für Mutter nach Tötung ihres Kindes

Das Landgericht Osnabrück hat einer Mutter nach dem Tod ihres Kindes durch ein Schütteltrauma ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000 Euro zugesprochen. Sie habe eine psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert erlitten, ein außergewöhnliches Ausmaß der Störung sei nach der geänderten BGH-Rechtsprechung nicht mehr erforderlich. Ein zusätzliches Hinterbliebenengeld versagte das LG, da diesem nur eine Auffangfunktion zukomme.

Mutter forderte Schmerzensgeld nach Tod ihres Kindes

Der Beklagte hatte auf die beiden Kinder der Klägerin aufgepasst. Er schüttelte eines der Kinder, das daraufhin einige Tage später im Krankenhaus an den Folgen eines Schütteltraumas mit erheblichen Gehirnverletzungen verstarb. Im April 2018 verurteilte das Landgericht Osnabrück den Beklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren. Im hiesigen Zivilverfahren nahm die Klägerin den Beklagten auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und Hinterbliebenengeld in Anspruch.

LG: Psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert genügt

Das LG hat der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro zugesprochen. Dabei ist es der geänderten Rechtsprechung des BGH gefolgt, die eine erleichterte Haftung für Schockschäden ermöglicht. Danach müsse die psychische Störung nur pathologisch fassbar sein. Sie müsse nicht mehr zusätzlich ein außergewöhnliches Ausmaß aufweisen, also nicht mehr über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Betroffene beim Tod oder der schweren Verletzung eines nahen Angehörigen in der Regel ausgesetzt seien. Die Klägerin leide laut Sachverständigem an einer posttraumatischen Belastungsstörung, damit bestehe eine psychische Beeinträchtigung mit einem Krankheitswert. Laut LG hat die Klägerin außerdem als Erbin ihres Kindes einen weiteren Anspruch auf Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro. Dem Kind habe ein Schmerzensgeldanspruch zugestanden, da es erst nach der Aufnahme ins Krankenhaus ins Koma gefallen sei, mithin die Tat selbst und deren Folgen zumindest für kurze Zeit noch erlebt habe.

Kein zusätzliches Hinterbliebenengeld

Die Klägerin habe ferner auch einen Anspruch auf Feststellung der Einstandspflicht für zukünftige Schäden. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei es wahrscheinlich, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch blieben oder sich temporär verschlechtern könnten. In diesem Fall sei mit weiteren Schäden zu rechnen, für die der Beklagte einzustehen habe. Einen Anspruch auf Hinterbliebenengeld gemäß § 844 Abs. 3 BGB hat das LG hingegen verneint. Das LG erläutert unter Bezugnahme auf die BGH-Rechtsprechung (Entschädigung für immaterielle Beeinträchtigung "unterhalb der Schwelle der Gesundheitsverletzung"), dass dem Anspruch auf Hinterbliebenengeld eine Art Auffangwirkung zukomme, sofern die Gesundheitsbeeinträchtigung nicht pathologisch sei. Eine Addition der Ansprüche finde indes nicht statt. Da beide Ansprüche die gleiche Zielrichtung hätten, ginge der Anspruch auf Hinterbliebenengeld in dem Anspruch auf Schmerzensgeld wegen einer psychischen Beeinträchtigung auf.

LG Osnabrück, Urteil vom 05.05.2023 - 1 O 1857/21

Redaktion beck-aktuell, 12. Mai 2023.