LG Osnabrück: Mehrjährige Haftstrafen für Vertrieb manipulierter Restaurantkassen

Das Landgericht Osnabrück hat zwei Brüder, die manipulierte Kassensysteme an Restaurants vertrieben hatten, mit Urteil vom 28.11.2019 wegen gewerbsmäßiger Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Fälschung technischer Aufzeichnungen zu Gesamtfreiheitsstrafen von knapp acht und vier Jahren verurteilt. Die belieferten Restaurants hätten mithilfe der manipulierten Kassensysteme rund sechs Millionen Euro Steuern hinterzogen (Az.: 2 KLs 2/19).

Manipulierte Restaurantkassen vertrieben

Nach umfangreicher Beweisaufnahme über fast neun Monate gelangte das LG zu der Überzeugung, dass die angeklagten Brüder über ein Unternehmen in Gelsenkirchen, dessen Geschäftsführer der ältere der Brüder war, über längere Zeit meist chinesische Restaurants in Deutschland und dem europäischen Ausland mit Kassensystemen beliefert hatten, die eine gezielte Manipulation der erwirtschafteten Umsätze ermöglichten. Dazu wurde in den Kassen eine spezielle Programmdatei versteckt installiert, mit deren Hilfe die über den Tag eingegebenen Umsätze nachträglich verringert werden konnten. Dazu mussten die Restaurantbetreiber lediglich mittels eines Codes oder eines speziellen USB-Sticks den Manipulationsvorgang auslösen. Nach erfolgter Manipulation löschte nach den Feststellungen der Kammer das System die zu löschenden Datensätze rückstandslos und passte die verbliebenen Umsatzdaten entsprechend an. Dadurch war im Ergebnis in den Kassendaten selbst fast kein Hinweis mehr auf die Manipulation erkennbar.

Rund sechs Millionen Euro Steuern durch belieferte Restaurants hinterzogen

Konkreter Gegenstand der Verurteilung waren dabei acht Taten. Allein in diesen Fällen gelang es nach den Feststellungen des LG den betroffenen Restaurantbetreibern, mittels der gelieferten Kassensysteme im Zeitraum 2012 bis 2017/18 rund sechs Millionen Euro Ertrags- und Umsatzsteuern zu hinterziehen.

LG hält tatsächlichen Steuerschaden von einer Milliarde Euro für möglich

Das LG betont aber, dass ausweislich der sichergestellten Kundendaten möglicherweise mehrere tausend Restaurants in Deutschland und Europa das Kassensystem der Angeklagten nutzten. Allein in Deutschland könnte das bei grob überschlägiger Berechnung einen theoretisch denkbaren Steuerschaden von bis zu einer Milliarde Euro bedeuten, so das LG. Diese Frage war aber nicht Gegenstand des Verfahrens.

Hochprofessionelles Vorgehen

Das LG hat die beiden Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Fälschung technischer Aufzeichnungen zu Gesamtfreiheitsstrafen von sieben Jahren und sechs Monaten und zu drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zur Begründung der Höhe der verhängten Strafen verwies es auf den hohen Professionalitätsgrad des Vorgehens der Angeklagten und die darin zum Ausdruck kommende erhebliche kriminelle Energie. So habe etwa der 59 Jahre alte Hauptangeklagte, der die Manipulationssoftware auch entwickelt habe, für das Kassensystem extra eine Dokumentation entwickelt, die den Finanzbehörden dessen ordnungsgemäße Funktion habe beweisen sollen. Zudem seien die Manipulationen so geschickt durchgeführt worden, dass sie bei Betriebsprüfungen kaum zu erkennen gewesen seien.

Älterer Bruder hatte Führungsrolle

Das unterschiedliche Strafmaß für die beiden Angeklagten begründete das LG damit, dass der Hauptangeklagte eindeutig die Führungsrolle innegehabt habe. Zudem sei bei ihm ein Tatzeitraum von 2012 bis 2018 und damit ein deutlich höherer Steuerschaden zugrunde zu legen. Der 57 Jahre Mitangeklagte sei erst seit 2016 in vorwerfbarer Weise am Vertrieb des Kassensystems beteiligt gewesen. Auch habe er zwar eine wesentliche, aber nicht vergleichbar zentrale Rolle in dem Unternehmen gespielt wie sein älterer Bruder.  

LG fordert Gesetzgeber zum Handeln auf

Das LG machte abschließend deutlich, dass aus ihrer Sicht auch der Gesetzgeber gefordert sei, die technischen Anforderungen an Kassensysteme zu erhöhen, um Manipulationen jedenfalls stärker als bisher zu erschweren. 

Redaktion beck-aktuell, 28. November 2019.