Flucht vor Polizei als verbotenes Kraftfahrzeugrennen

Flieht ein Verkehrsteilnehmer mit seinem Pkw vor einem Streifenwagen, um einer Polizeikontrolle zu entgehen, kann dies den Tatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens erfüllen. Die Flucht vor der Polizei berge dieselben Risiken wie ein verabredetes oder spontanes Rennen mehrerer Kfz aus falsch verstandenem “sportlichem Ehrgeiz“, entschied das Landgericht Osnabrück mit Urteil vom 01.03.2021.

20-jähriger provozierte Verfolgungsjagd mit Polizei

Der zur Tatzeit 20-jährige Angeklagte fuhr am Abend des 10.01.2020 mit seinem Kleinwagen durch eine Gemeinde im Emsland. Dort fiel er durch seine Fahrweise einer Polizeistreife auf. Nach eigenen Angaben hatte er mit einem Freund gewettet, dass er sich nicht erneut von der Polizei anhalten lassen würde, nachdem er schon einige Tage zuvor kontrolliert worden war. Der Angeklagte fuhr deshalb mit hoher Geschwindigkeit durch den Ort davon. Obwohl der Streifenwagen bis auf 130 km/h beschleunigte und Anhaltesignale gab, mussten die Beamten schließlich die Verfolgung abbrechen, um keine unbeteiligten Dritten zu gefährden. Kurze Zeit darauf konnten sie das Fahrzeug und damit auch den Angeklagten aber ausfindig machen und ihn zur Rede stellen.

LG wertet Flucht als tatsächliches Kraftfahrzeugrennen

Das Amtsgericht sprach den Angeklagten wegen eines verbotenen "simulierten Kraftfahrzeugrennens" und wegen Straßenverkehrsgefährdung nach Jugendrecht schuldig und entzog ihm den Führerschein. Der Angeklagte legte Berufung ein. Ohne Erfolg. Die Flucht des Angeklagten stelle eine Teilnahme an einem – unter Beteiligung zweier Fahrzeuge veranstalteten – tatsächlichen Kraftfahrzeugrennen gemäß § 315d Abs. 1 Nr. 2 StGB dar, entschied das Landgericht. Es sei anerkannt, dass auch die Polizeiflucht vergleichbar einem klassischen Rennen ein Wettbewerbselement aufweise, hier mit dem “Ziel“ der erfolgreichen Flucht. Die Polizeiflucht berge daher dieselben Risiken wie ein verabredetes oder spontanes Rennen mehrerer Kfz aus falsch verstandenem “sportlichem Ehrgeiz“. Es entspreche deshalb dem gesetzgeberischen Willen und auch dem Wortlaut des Gesetzes, die Polizeiflucht als nicht erlaubtes Kraftfahrzeugrennen einzuordnen.

Angeklagter nahm Beteiligung der Polizei in Kauf

Dabei liege ein tatsächliches Rennen vor, weil mit dem Polizeifahrzeug ein zweiter Pkw beteiligt gewesen sei. Für ein verbotenes Rennen sei nicht erforderlich, dass alle Teilnehmer rechtswidrig handelten. Eine solche Einschränkung ergebe sich weder aus dem Wortlaut noch dem Zweck des Gesetzes. Daher spiele es keine Rolle, dass die Polizei zur Verfolgung und zur Nichteinhaltung der allgemeinen Verkehrsregeln bei der Verfolgung des Flüchtenden berechtigt gewesen sei. Die Beteiligung der Polizei habe der Angeklagte auch als erwartbare Reaktion auf sein rechtswidriges Handeln jedenfalls billigend in Kauf genommen.

Vorliegend aber keine konkrete Straßenverkehrsgefährdung feststellbar

Eine konkrete Straßenverkehrsgefährdung bei der Flucht des Angeklagten sei aber nicht festzustellen, so das LG weiter. Insbesondere habe keine unmittelbare Gefährdung von Fußgängern vorgelegen. Weil der Angeklagte zudem zwischenzeitlich arbeitslos geworden war, sanktionierte die Kammer die Tat des Angeklagten statt mit einer Geldauflage wie noch das Amtsgericht nun mit 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Darüber hinaus hielt die Kammer an der Entziehung der Fahrerlaubnis fest. Dabei wurde die Sperrfrist bis zu einer möglichen Wiedererteilung im Hinblick auf den zwischenzeitlichen Zeitablauf auf noch drei Monate reduziert.

Redaktion beck-aktuell, 23. März 2021.