Ein 52 Jahre alter Angeklagter erhält eine Strafe von drei Jahren und sechs Monaten für unrichtige Darstellung in Bilanzen in zwei Fällen und für eine Beihilfe zu Kreditbetrug, wie der Vorsitzende Richter am Landgericht Oldenburg sagte. Weil sich das Verfahren verzögerte, gilt ein Jahr de Strafe als vollstreckt. Ein 64-Jähriger wurde für zwei Fälle unrichtiger Darstellung in Bilanzen mit zwei Jahren auf Bewährung bestraft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Angeklagten äußerten vor dem Urteil Bedauern über die Taten. Der 52-Jährige sagte, er habe nie die Kraft gefunden, auszusteigen. Später habe er alles dafür getan, die Vorgänge aufzuklären. Nach dem Verbüßen der Strafe wolle er ein neues Leben ohne Steinhoff. Das Bekanntwerden der Bilanz-Manipulationen Ende 2017 vernichtete damals den Börsenwert des Unternehmens fast vollständig. Bei den zwei verurteilten Managern handelte es sich um Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Steinhoff Europe Group Services aus Westerstede.
Haftbefehl für den "Strippenzieher"
Der Prozessauftakt war im April dieses Jahres. Außer den zwei Managern waren der frühere CEO der Steinhoff International Holdings, Markus Jooste, und ein Treuhänder angeklagt. Das Verfahren gegen den Treuhänder wurde gegen eine Zahlung eingestellt.
Jooste dagegen war zum Prozessauftakt nicht erschienen. Er lebt gegenwärtig in seinem Heimatland Südafrika und gab zu Prozessbeginn an, eine Vereinbarung mit dem südafrikanischen Justizministerium hindere ihn an der Ausreise. Das Ministerium wollte dies jedoch nicht bestätigen. Das Gericht setzte daraufhin das Verfahren gegen ihn aus und beantragte Haftbefehl.
Vor dem Urteil bescheinigte die Staatsanwaltschaft den Angeklagten in den Schlussvorträgen eine hohe kriminelle Energie. Die Taten, berechnet man die verjährten mit ein, hätten Gesamtauswirkungen von mehr als 2,3 Milliarden Euro gehabt. Ein Verteidiger des 52-Jährigen sagte, der Hauptverantwortliche des Verfahrens sei Jooste, der sich nicht gestellt habe. "Er ist der eigentliche Strippenzieher." Auch eine Verteidigerin des 64-Jährigen sprach von einem System, das Jooste geschaffen habe.
Hintergrund: Steinhoff
Steinhoff, aufgebaut von Bruno Steinhoff, hat seine Wurzeln in Westerstede in Niedersachsen. Die weltweit agierende Steinhoff International Holdings hat inzwischen ihren Hauptsitz in Amsterdam und wird aus Südafrika gesteuert. Das Unternehmen galt lange als Europas zweitgrößter Möbelkonzern. In Deutschland war die Firma für die Kette Poco bekannt, die mittlerweile an den Konkurrenten XXXLutz verkauft worden ist.
Seit Ende 2017, als die Ermittlungen wegen der Bilanzunregelmäßigkeiten begannen, steckt der Konzern in einer Krise. Im Dezember 2017 brach der Aktienkurs des Konzerns um mehr als 90% ein. Milliarden von Anlagegeldern gingen verloren.