Forderungen an "Claim-Handling-Companies" abgetreten
Das Amtsgericht Nürnberg hatte sich in drei Fällen mit Klagen von Firmen - sogenannten "Claim-Handling-Companies" - zu beschäftigen, die für Fluggäste wegen verspäteter Flüge Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung gegenüber Ryanair geltend machten. Die Fluggäste hatten ihre Ansprüche auf Ausgleichszahlung zuvor an die Firmen abgetreten.
Ryanairs AGB enthalten Abtretungsverbot
Ryanairs AGB sehen vor, dass die Abtretung von Ausgleichs-, Schadensersatz- und Rückerstattungsansprüchen gegen sie ausschließlich an natürliche Personen zulässig sei, die ebenfalls den betroffenen Flug als weitere Fluggäste gebucht hätten. Im Übrigen schloss Ryanair die Abtretung von Ausgleichs-, Schadensersatz- und Rückerstattungsansprüchen gegen sich an Dritte aus.
Verstoß gegen § 307 BGB geltend gemacht
Die von den Fluggästen jeweils mit der Durchsetzung der Ansprüche beauftragten Firmen vertraten die Auffassung, das Abtretungsverbot in den AGB der Fluggesellschaft sei unwirksam. Es verstoße gegen § 307 Abs. 1 BGB, da es eine mit den Grundsätzen von Treu und Glauben unvereinbare, unangemessene Benachteiligung des Fluggastes darstelle.
Airline: Berechtigtes Interesse an Abtretungsbeschränkung
Die Fluglinie Ryanair meinte hingegen, dass die Klausel wirksam sei. Sie habe eine Vielzahl von Fällen abzuwickeln und deshalb ein berechtigtes Interesse daran, die Abtretung auf natürliche Personen zu beschränken. Im Sinne einer übersichtlichen Vertragsabwicklung sei das Abtretungsverbot notwendig, um zu verhindern, dass sich die Fluglinie mit einer Vielzahl von wechselnden Gläubigern auseinandersetzen müsse. Es gehe der Airline vor allen Dingen darum, den unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand zu minimieren und eine ordnungsgemäße Vertragsabwicklung zu gewährleisten.
AG: Abtretungsverbot unwirksam
Das Amtsgericht Nürnberg erachtete in mehreren Entscheidungen das Abtretungsverbot in den AGB der Fluggesellschaft für unwirksam, da die Klausel den Grundsätzen von Treu und Glauben widerspreche und eine unangemessene Benachteiligung der Fluggäste darstelle.
LG teilt Ansicht des AG
Das LG teilt die Auffassung des AG in einem Hinweisbeschluss. Grundsätzlich sei es so, dass ein Abtretungsverbot oder zumindest eine Beschränkung der Abtretungsmöglichkeit die Vertragsabwicklung übersichtlicher gestalten und verhindern könne, dass nicht absehbar sei, welche Gläubiger die Ansprüche letzten Endes geltend machen. Auf der anderen Seite sei eine solche Klausel gleichwohl unwirksam, wenn der Kunde ein überwiegendes Interesse an der Abtretung zur Durchsetzung seiner Ansprüche habe.
Kein höherer Arbeitsaufwand für Fluglinie
Im konkreten Fall seien die Interessen der Fluglinie für einen Abtretungsausschluss nur von geringem Gewicht, so das LG. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Bearbeitung der Anfragen von so genannten "Claim-Handling-Companies" einen höheren Aufwand als die Bearbeitung der Anfragen von natürlichen Personen verursachen könnte. Es müssten in beiden Fällen jeweils die entsprechenden Daten durch das Verwaltungspersonal der Fluglinie überprüft werden.
Abtretungsverbot potentielles Hindernis für Ausgleichszahlung
Entscheidend ist laut LG, dass für den Kunden durch das Abtretungsverbot ein potenzielles Hindernis auf dem Weg zur Erlangung seiner Ausgleichszahlung bereitet werde. Dieser müsse in seiner Entscheidung frei bleiben, ein in solchen Angelegenheiten erfahrenes Unternehmen kostenpflichtig zu beauftragen. Welche Abzüge von der Entschädigung er hierbei in Kauf nehme, sei allein seine freie Entscheidung.
Berufung nach Hinweis zurückgenommen
Ryanair hat die Berufung gegen ein Urteil des AG nach dem Hinweis des LG zurückgenommen. Das Urteil hatte der Hamburger Fluggast-Sofortentschädiger EUflight.de erstritten, der regelmäßig mögliche Entschädigungsansprüche von Passagieren ankauft und dann auf eigene Rechnung durchsetzt.