Ein bereits polizeilich bekannter Klimakleber wurde im Rahmen einer erneuten Verkehrsblockade von der Polizei festgenommen. In seiner Beschuldigtenvernehmung gab er an, er werde sofort nach seiner Entlassung weiter demonstrieren und sich wieder auf der Straße festkleben. Daraufhin nahm die Polizei ihn in Präventivgewahrsam nach Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 PAG (Bayerisches Polizeiaufgabengesetz). Das Amtsgericht lehnte die Freiheitsentziehung aber ab und entließ den Umweltaktivisten, der sich sofort an einer weiteren Klebe-Aktion beteiligte. Das Polizeipräsidium erhob Beschwerde gegen den Beschluss zum Landgericht – mit Erfolg.
Wenn der Klimaaktivist selbst ankündigt, sich nach Verlassen des Polizeigebäudes wiederum auf die Straße zu kleben, um den Verkehr zu blockieren, besteht nach Ansicht des LG die Gefahr einer unmittelbar bevorstehenden Nötigung nach § 240 StGB (Beschl. vom 25.10.2023 – 18 T 5292/23). Es stehe weiter die Gefahr des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) und sogar der Mitgliedschaft in oder das Unterstützen einer kriminellen Vereinigung (§ 129 StGB) im Raum.
Die Präventivhaft war nach Ansicht der Richterinnen und Richter auch unerlässlich im Sinne des Art. 17 Abs. 1 Nr. 2 PAG, weil tatsächlich nur die Ingewahrsamnahme des Manns als Ultima Ratio geeignet war, ihn an der Fortsetzung seines Tuns zu hindern. Es widerspräche dem Sinn des Gesetzes, wenn der Staat tatenlos zusehen müsste, wie seine Bürger weiteren – sogar angekündigten – Straftaten ausgesetzt würden. Die Präventivhaft sei ein Instrument zur effektiven Verhinderung solcher Delikte.
Störer hat die Dauer der Haft selbst zu verantworten
Das LG lehnte auch den Verbringungsgewahrsam (die Polizei fährt den Betroffenen an einen entfernten Ort und setzt ihn dort auf freien Fuß) als milderes Mittel ab, weil der Erfolg dieser Maßnahme nicht gesichert erscheine. Auch eine Observation und gegebenenfalls die Erteilung von Platzverweisen sei nicht gleichermaßen geeignet, weil sie angesichts der vielen möglichen Tatorte und Tatzeiten nicht durchführbar sei.
Das LG bemängelte auch die Bedenken des AG hinsichtlich der Dauer der Präventivhaft. Bestehe die Gefahr auch über die angeordnete Dauer der Haft hinaus, könne sie verlängert werden – gegebenenfalls bis zu zwei Monaten (Art. 20 Abs. 2 S. 2 PAG). Im Übrigen prüfe das Gericht nur, ob die Prognose der Polizei schlüssig sei. Wenn der Störer andauernd mit der Fortsetzung seines strafbaren Tuns drohe, liege das in seiner eigenen Risikosphäre – nicht in der des Staats.