LG Nürnberg-Fürth: Bedeutender Fremdschaden erst ab 2.500 Euro

StGB §§ 69 II Nr. 3, 142 I; StPO § 111a

Ein bedeutender Fremdschaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB ist ab einem Betrag von 2.500 Euro (netto) anzunehmen Dies hat das Landgericht Nürnberg-Fürth in Abänderung seiner bisherigen Kammerrechtsprechung (bisher: ab 1.800 Euro) entschieden.

LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 04.06.2018 - 5 Qs 23/18 (AG Neustadt an der Aisch), BeckRS 2018, 37287

Anmerkung von
Richter am Amtsgericht Carsten Krumm, Dortmund

Aus beck-fachdienst Straßenverkehrsrecht 4/2019 vom 28.02.2019

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Sachverhalt

Dem Angeklagten wird eine Unfallflucht zur Last gelegt. Infolge Fahrlässigkeit sei er mit seinem PKW von der Fahrbahn abgekommen und gegen eine Mauer gestoßen. Hierdurch sei ein Sachschaden in Höhe von 2.394 EUR netto an der Mauer entstanden. Der Angeklagte habe den Unfall bemerkt und erkannt beziehungsweise damit gerechnet, dass ein nicht völlig unbedeutender Fremdschaden entstanden war und habe gleichwohl die Unfallstelle sofort verlassen.

Das AG erließ auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen entsprechenden Strafbefehl und entzog dem Angeklagten mit Beschluss vom gleichen Tag vorläufig die Fahrerlaubnis. Auf die Beschwerde des Angeklagten hat das LG den Beschluss nach § 111a StPO aufgehoben.

Rechtliche Wertung

Dringende Gründe im Sinn des § 111a StPO für den endgültigen Entzug der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB liegen vor, wenn dieser in hohem Maße wahrscheinlich ist. Der Angeklagte ist nach Auffassung des LG derzeit nicht dringend verdächtig, einen Regelfall des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB verwirklicht zu haben. Zwar bestehe momentan ein dringender Tatverdacht der Unfallflucht (§ 142 Abs. 1 StGB), durch den Unfall sei jedoch kein bedeutender Fremdschaden an der besagten Mauer verursacht worden.

Ein bedeutender Fremdschaden liege erst ab einem Betrag von 2.500 Euro (netto) vor. Im Hinblick auf die in § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB angeordnete Gleichsetzung des bedeutenden Fremdschadens mit der Tötung bzw. nicht unerheblichen Verletzung eines Menschen einerseits und der wirtschaftlichen Entwicklung in den letzten zehn Jahren andererseits hat die Kammer im Interesse der Rechtssicherheit eine großzügige Anpassung der Wertgrenze nach oben vorgenommen. Sie hat dabei die Entwicklung der Einkommen und der Kosten für die Beseitigung der Folgen von Verkehrsunfällen berücksichtigt und sich an einer groben Schätzung der wirtschaftlichen Entwicklung orientiert. Eine großzügige Anpassung der Wertgrenze war im Interesse der Rechtssicherheit geboten, um eine wiederholte Anpassung um kleinere Beträge in kürzeren Zeitabständen möglichst zu vermeiden.

Nachdem der vorliegend eingetretene Schaden mit 2.394 EUR netto an der Mauer unterhalb dieses Betrages liege, komme es nicht mehr darauf an, ob der Angeklagte wusste oder hätte wissen können, dass ein Schaden in dieser Höhe eingetreten ist. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand bestünden auch keine Anhaltspunkte, dass der Angeklagte aus anderen Gründen zur Führung von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.

Praxishinweis

Das LG Nürnberg-Fürth hat (dies ist im Volltext gut nachzulesen) ausführlich die Steigerung der Wertgrenze des bedeutenden Schadens des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB begründet. Richtigerweise bedarf es in regelmäßigen Abständen einer Anpassung an die Preisentwicklung. Ob allerdings andere Gerichte die Steigerung auf 2500 Euro als Wertgrenze mitmachen werden, ist eher zweifelhaft. In der Regel wird derzeit die Grenze bei 1500 Euro gezogen (vgl. etwa BeckOK StVR/Krenberger StGB § 69 Rn. 24).

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass ein wesentliches Problem in Grenzwertfällen die Schadensberechnung an sich ist – eine Kontrolle der angesetzten Schadenspositionen ist so zwingend erforderlich (hierzu: Krumm, NJW 2012, 829).

Redaktion beck-aktuell, 1. März 2019.

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