Schuldhafte Säumnis des Rechtsanwalts bei Vorlage eines Attests am Tag vor der Verhandlung

Erscheint ein Rechtsanwalt nicht zum Termin, so ist seine Säumnis auch dann schuldhaft, wenn er erst einen Tag vorher unter Verweis auf eine seit mehreren Tagen bestehende Arbeitsunfähigkeit beantragt, diesen zu verlegen. Das Landgericht München I bewertete ein ärztliches Attest, welches einem Anwalt neben Angst- und Schlafstörungen eine "nicht vollständig abrufbare Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit" bescheinigte, auch als inhaltlich fragwürdig.

Gericht stellt Säumnis trotz Vorlage eines Attests fest

In der Sache ging es um gegenseitige Ansprüche aus einem Versicherungsvermittlungsvertrag. Der Beklagtenvertreter war einer mündlichen Verhandlung am 17.08.2021 ferngeblieben, nachdem er ein Attest vom 16.08.2021 vorgelegt hatte. Dieses attestierte ihm wegen einer Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit eine Arbeitsunfähigkeit vom 12.08.2021 bis 18.08.2021. Das Landgericht stellte im Termin dennoch seine schuldhafte Säumnis fest.

LG: Verhinderung nicht rechtzeitig mitgeteilt

Unabhängig davon, dass das Attest "bereits inhaltlich fragwürdig" sei, habe der Rechtsanwalt seine Verhinderung jedenfalls nicht rechtzeitig mitgeteilt, so das Gericht. Eine schuldhafte Säumnis liege auch dann vor, wenn ein Prozessbevollmächtigter nicht alles ihm Mögliche und Zumutbare getan habe, um dem Gericht rechtzeitig seine Verhinderung mitzuteilen. Obwohl die vermeintliche Arbeitsunfähigkeit vorliegend bereits mehrere Tage vor dem Termin begonnen haben solle, habe der Rechtsanwalt dem Gericht dies zunächst nicht mitgeteilt. Dazu hätte er aber ausreichend Zeit gehabt. Insbesondere seien die zuständige Richterin und die Geschäftsstelle telefonisch erreichbar gewesen.

Gericht fällt Urteil nach Lage der Akten

Da in der Sache bereits einmal mündlich verhandelt worden war, ist ein Urteil nach Lage der Akten ergangen und die auf Bucheinsicht nach § 87c HGB gerichtete Widerklage eines ausgeschiedenen Versicherungsvertreters abgewiesen worden.

LG München I, Urteil vom 07.10.2021 - 31 O 16817/19 (2)

Redaktion beck-aktuell, 25. Oktober 2021.