Rufausbeutung durch Taschenmesser aus China mit Schweizer Flagge

Das Landgericht München I hat der Herstellerin des "Schweizer Taschenmessers" Recht gegeben, die sich gegen die Verwendung der Schweizer Flagge oder der Angabe "Switzerland" auf Taschenmessern aus China gewandt hatte. Dadurch habe die Beklagte den guten Ruf einer geographischen Herkunftsangabe ohne rechtfertigenden Grund unlauter ausgenutzt, so das LG.

Rote Taschenmesser aus China mit Schriftzug "Switzerland" oder Schweizer Flagge vertrieben

Die Beklagte hatte über eine Online-Plattform Taschenmesser und Multifunktionswerkzeuge angeboten. Dabei waren auf den Produkten selbst oder jedenfalls auf deren Verpackungen der Schriftzug "Switzerland" oder "Swiss", die Schweizer Flagge sowie verschiedene Logos, die diese Flagge in ihre Gestaltung aufgenommen hatten, abgebildet. Die angebotenen Taschenmesser und Multifunktionswerkzeuge waren zudem in roter Farbe gehalten. Tatsächlich werden diese Produkte nicht in der Schweiz, sondern in China produziert. Die Klägerin, Herstellerin des bekannten Schweizer Taschenmessers, begehrte Unterlassung.

Beklagte: Souvenirartikel mit Hinweis "Made in China"

Die Beklagte meinte, bei den von ihr vertriebenen Produkten handele es sich klar erkennbar um "Souvenirartikel". Man schließe deshalb nicht von der Kennzeichnung auf eine Herstellung in der Schweiz. Eine Irreführung der Verbraucher werde auch bereits dadurch ausgeräumt, dass auf den Produktverpackungen deutlich sichtbar der Hinweis "Made in China" angebracht sei.

LG: Unlautere Ausnutzung des guten Rufs einer geographischen Herkunftsangabe

Laut LG stellen die von der Beklagten verwendeten Zeichen geographische Herkunftsangaben dar, deren guten Ruf die Beklagte in unlauterer Weise ohne rechtfertigenden Grund ausnutzt. Für die Annahme einer Rufausbeutung ausschlaggebend sei dabei, dass sich die Beklagte mit den Gestaltungen ihrer Produkte eng an die von der Klägerin hergestellten "Schweizer Taschenmesser" anlehnt. Gerade die Produkte der Klägerin trügen aber entscheidend zum guten Ruf der geographischen Herkunftsangaben mit Bezug zur Schweiz bei.

Frage der Irreführung der Verbraucher kann offenbleiben

Ob Verbraucher zudem durch die Kennzeichnungspraxis der Beklagten in die Irre geführt würden, da sie davon ausgingen, die Beklagte lasse ihre Taschenmesser und Multifunktionswerkzeuge in der Schweiz produzieren, ließ das LG offen. Sofern der gute Ruf einer geographischen Herkunftsangabe auf unlautere Weise ausgenutzt werde, sei für die Annahme entsprechender Unterlassungsansprüche nicht zusätzlich noch erforderlich, dass die angesprochenen Verkehrskreise auch über die Herkunft der Produkte in die Irre geführt werden.

LG München I, Urteil vom 15.06.2021 - 33 O 7646/20

Redaktion beck-aktuell, 16. Juni 2021.