Plakate "Hängt die Grünen" einstweilen verboten

Das Landgericht München I hat der rechtsextremen Splitterpartei "Der Dritte Weges" das Aufhängen von Wahlplakaten mit dem Slogan "Hängt die Grünen!" verboten. Das Gericht habe der Partei mit Beschluss vom Freitag per einstweiliger Verfügung untersagt, den Slogan öffentlich zu verwenden, sagte eine Sprecherin am Montag. Sollten Vertreter des "Dritten Weges" Widerspruch einlegen, müsse öffentlich verhandelt werden.

Persönlichkeitsrecht der Grünen verletzt

Der Beschluss sei räumlich nicht begrenzt und gelte damit grundsätzlich bundesweit, erläuterte das Gericht. Die Formulierung jemanden "zu hängen" werde in der Regel dahin verstanden, jemanden aufzuhängen, in sonstiger Weise zu töten oder körperlich zu verletzen, heißt es in dem Beschluss. Mit der Äußerung werde das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerinnen – also der Grünen – verletzt. In Bayern hatte die Polizei die Wahlplakate bereits abgehängt. Die Polizeipräsidien seien angewiesen worden, solche Plakate aufgrund des Anfangsverdachts einer öffentlichen Aufforderung zu Straftaten abzunehmen, hatte das Innenministerium bereits vergangene Woche mitgeteilt.

Äußerung auch im politischen Meinungskampf nicht erlaubt

Die Richter machten nach Angaben der Prozessbevollmächtigten der Grünen in ihrem Beschluss deutlich, dass es bei der Sinndeutung der Äußerung nicht auf die subjektive Absicht oder das subjektive Verständnis des Äußernden ankomme, sondern auf den objektiven Sinngehalt im Kontext der Aussage. Die Aussage "Hängt die Grünen!" verstehe der verständige Leser dahingehend, dass damit die "Grünen" der gleichnamigen Partei gemeint seien und es darum gehe, diesen Schaden zuzufügen. Daran ändere auch der kleingedruckte zusätzliche Text nichts, welchen der Leser kaum zur Kenntnis nehme, ihm jedenfalls keine besondere Bedeutung beimessen würde. In Abwägung mit dem der Antragsgegnerin zustehenden Recht auf freie Meinungsäußerung habe das Landgericht zwar darauf hingewiesen, dass einprägsame, auch starke Formulierungen hinzunehmen seien, erst recht im politischen Meinungskampf. Die Äußerung der Antragsgegnerin überschreite jedoch die Grenzen des rechtlich Zulässigen. Sie weise keinerlei Sachbezug auf zu inhaltlichen politischen Forderungen oder inhaltlicher Kritik zum politischen Gegner.

Grüne sehen politische Kultur vergiftet

"Wer Morddrohungen plakatiert, verhöhnt unsere Demokratie", kommentierte der Politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, den Gerichtsbeschluss. "Ein solcher Wahlkampfstil vergiftet die politische Kultur, führt zu Verrohung und schreckt Bürgerinnen und Bürger ab, sich politisch zu engagieren."

VG Chemnitz ließ Plakate weiter zu

Das Verwaltungsgericht Chemnitz hatte hingegen entschieden, dass Plakate mit diesem Slogan trotz eines Verbots der Stadt Zwickau hängen bleiben dürfen, allerdings nur mit 100 Metern Abstand zu Plakaten der Grünen. An dem Urteil gab es bundesweit Kritik. Zwickau hat dagegen Beschwerde beim sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen eingelegt, dessen Entscheidung noch aussteht. Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat unterdessen zwei der Wahlplakate beschlagnahmen lassen. Sie ermittelt wegen des Anfangsverdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung und Billigung von Straftaten, wie die Anklagebehörde am Montag mitteilte. Die Motive seien in der vorigen Woche im Landkreis Nordsachsen nach Anzeigen entdeckt worden. Die Plakate sorgen seit zwei Wochen für Empörung - und juristische Auseinandersetzungen. In Sachsen ermitteln inzwischen mehrere Staatsanwaltschaften.

Redaktion beck-aktuell, 20. September 2021 (ergänzt durch Material der dpa).